Tischtennis-EM: Ovtcharov will ins Finale
Schwechat (dpa) - Dimitrij Ovtcharov ist bereit für eine historische Wachablösung. Nur noch 13 Punkte trennen den Olympia-Dritten von Top-Star Timo Boll in der Oktober-Weltrangliste.
Weil Rekord-Champion Boll seinen Start bei der Tischtennis-EM in Schwechat abgesagt hat, kann der Weltranglisten-Sechste Ovtcharov mit einer erfolgreichen EM seinen einen Platz besser eingestuften Kumpel erstmals nach mehr als elfeinhalb Jahren als besten deutschen Spieler verdrängen.
„Daran denke ich nicht. Timo kann beim Weltcup auch noch Punkte holen“, sagte Ovtcharov. An den EM-Titel denkt die Nummer eins der Setzliste und neue Top-Favorit aber schon. „Es muss mein Anspruch sein, dieses Turnier zu gewinnen. Ich habe über das Jahr sehr konstant gespielt, mit Platz drei wäre ich nicht zufrieden“, erklärte der 25-jährige Rechtshänder. Er spielt für Fakel Orenburg in Russland und verspürt keinen besonderen Druck. „Bei meinem Verein erwartet man auch nur Siege von mir.“
Ovtcharov hat sich wie üblich akribisch mit Vater Mikhail im heimischen Tündern bei Hameln auf die Titelkämpfe von Freitag bis 13. Oktober vorbereitet. Er nahm sogar das gewohnte Kopfkissen mit nach Schwechat. Am ersten Wochenende will „Dima“ das deutsche Herren-Team ins Finale am Montagabend führen. Das Auftaktspiel gegen Österreich hat es bereits in sich. Die Gastgeber möchten im Multiversum dem fünfmaligen Europameister und Olympia-Dritten Deutschland allzu gerne ein Bein stellen.
Ex-Weltmeister Werner Schlager ist zwar nicht mehr dabei, in Robert Gardos haben die Österreicher aber ebenfalls einen starken Mann. Der neue K.o.-Modus verzeiht zudem keinen Fehler, Zeit zum Eingewöhnen in Gruppenspielen gibt es nicht. „Für mich als Trainer ist das auch eine schwierige Situation. Wir müssen von Anfang an Vollgas geben. Aber das sind meine Spieler auch gewohnt“, sagte Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf.
Er setzt auf Ovtcharov und die vier Bundesliga-Akteure Patrick Baum (Düsseldorf), Bastian Steger (Saarbrücken), Patrick Franziska und Ruwen Filus (beide Fulda). Das Quartett zeigte in der Liga zuletzt schwankende Leistungen, einige Spieler klagten beim ersten Training in der EM-Halle über Schnupfen. „Die Absage tut mir in erster Linie für die Mannschaft leid. Sie kann aber auch ohne mich den Titel erringen“, machte der erkrankte Boll den Kollegen Mut.
Der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) baut nicht nur auf das Herren-Team. „Wir wollen in allen sechs Wettbewerben um Titel und Medaillen spielen“, erklärte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig. „Unsere Ziele sind ehrgeizig und ambitioniert, aber realistisch“, fügte er hinzu. Auch das Damen-Team, das bereits im Viertelfinale steht und am Donnerstag anreiste, peilt einen Podestplatz an.
Bundestrainerin Jie Schöpp hat erstmals die deutsche Meisterin Shan Xiaona (Berlin) sowie die für Tarnobrzeg in Polen spielende Han Ying dabei. Damit umfasst das DTTB-Aufgebot vier gebürtige Chinesinnen. Im Auftaktmatch geht es gegen Österreich, die Türkei oder Titelverteidiger Niederlande. „Wir können unsere Gegnerinnen vorher schon beobachten. Andererseits ist der Gegner dann schon eingespielt“, erläuterte Schöpp die Vor- und Nachteile des Systems.
Für Kopfschütteln sorgt unterdessen der EM-Zeitplan. Nach den Team-Wettbewerben von Freitag bis Montag folgen drei Qualifikationstage, in denen Top-Stars wie Ovtcharov bequem nach Hause fahren könnten. Das Hauptturnier mit sechs Runden im Einzel und fünf Durchgängen im Doppel wird vom 11. bis 13. Oktober an drei Tagen durchgepeitscht.