Rio 2016 Was die Welt bei Olympia in Rio erwartet
IOC-Chef Thomas Bach braucht brasilianische Fröhlichkeit. Spiele kosten 10,7 Milliarden Euro.
Rio de Janeiro. Jetzt muss es Rio retten. Belastet von sportpolitischen Skandalen und Brasiliens tiefer Krise sind die ersten Olympischen Spiele in Südamerika für die Gastgeber einmalige Chance und tonnenschwere Bürde zugleich. Mit ansteckender Partylust und Improvisationskunst soll die Millionen-Metropole am Zuckerhut der problembeladenen Heimat und dem schwer kritisierten Internationalen Olympischen Komitee ein farbenfrohes Sommer-Spektakel liefern. Auch IOC-Chef Thomas Bach setzt inmitten des Desasters um Staatsdoping in Russland voll auf „große Olympische Spiele á la Brasilien, voller Leidenschaft und Lebensfreude“.
Bach braucht bei seinen ersten Sommerspielen im Präsidenten-Amt schöne Bilder dringend — als Wirkstoff gegen die Zweifel an seinem olympischen Betrieb, als frisches Argument für das Milliardengeschäft unter den fünf Ringen. Die Nachwirkungen der russischen Doping-Affäre werden sich indes in die Spiele hineinziehen. Russlands Sportbetrüger waren für das IOC bei weitem nicht der einzige Sorgenfall vor der Eröffnungsfeier im Maracanã-Stadion heute. Auch die Serie von Negativ-Schlagzeilen aus Brasilien nahm kein Ende. Ein Korruptionsskandal, in den fast die ganze politische Elite verwickelt ist, die Suspendierung von Präsidentin Dilma Rousseff und eine tiefe Rezession plagen das Land.
Trotzig aber versicherte Interimspräsident Michel Temer: „Rio de Janeiro wird der Welt mit unseren Spielen alles zeigen, wozu es in der Lage ist.“ Rund 39,1 Milliarden Reais, umgerechnet rund 10,7 Milliarden Euro lässt sich Brasilien seine olympische Premiere kosten. Mehr als die Hälfte davon soll privat finanziert sein.
Das teuerste Projekt, die in letzter Minute eröffnete U-Bahn-Linie zum Olympia-Park, stand dabei sinnbildlich für die enormen Herausforderungen für die Rio-Macher. Verzögerungen und Pfusch am Bau brachten die Organisatoren bis kurz vor dem Start der Wettkämpfe immer wieder in Bedrängnis. Beim Einzug der ersten Athleten ins olympische Dorf kam es zu peinlichen Pannen, als Toiletten verstopft, Wasserleitungen defekt und Wohnungen verschmutzt waren. Die deutsche Mannschaft behob die Mängel gleich mit eigenen Handwerkern.
Alles andere als gelöst sind dagegen die massiven Umweltprobleme in der Guanabara-Bucht durch ungeklärte Abwässer und im Wasser treibenden Müll. So mancher Segler fürchtet deshalb sogar um seine Gesundheit. Angesichts solcher Nachrichten zweifelte kurz vor der Entzündung des olympischen Feuers knapp ein Drittel (31 Prozent) der Deutschen daran, dass Rio ein guter Olympia-Gastgeber sein wird, wie eine Umfrage ergab.
Rios Bürgermeister Eduardo Paes hat für diese Sicht sogar Verständnis. „Mit dieser ganzen ökonomischen und politischen Krise, mit all diesen Skandalen, ist es nicht der beste Moment, um im Fokus der Welt zu stehen. Das ist schlecht“, sagte Paes jüngst dem britischen „Guardian“.
Und doch lassen sich die Cariocas ihre Vorfreude auf die Tage von Olympia nicht nehmen. Diese faszinierende Stadt mit den Stränden der Copacabana und dem ikonischen Cristo Redentor auf dem Corcovado bietet den perfekten Postkarten-Hintergrund für das Treffen von weit mehr als 10 000 Athleten aus aller Welt.
306 Entscheidungen fallen in den 16 Wettkampftagen, so viele wie nie zuvor. Siebener-Rugby ist zum ersten Mal im olympischen Programm, Golf kehrt nach langer Zeit wieder zurück. Mehr als 300 Stunden live senden ARD und ZDF von Olympia — ein Rekord in der deutschen TV-Geschichte. Mindestens 44 Mal Edelmetall wie in London vor vier Jahren soll es schon werden, hat sich der Deutsche Olympische Sportbund vorgenommen.