Heim-WM als Segen oder Fluch für Mäkärainen?
Kontiolahti (dpa) - Immer dann, wenn das finnische Fernsehen Bilder von der Biathlon-Weltmeisterschaft in Kontiolahti zeigt, ist eine strahlende Kaisa Mäkärainen zu sehen. Nicht weniger als mindestens einmal Gold erwarten die rund 5,5 Millionen Finnen von ihrer zierlichen Landsfrau bei der Heim-WM.
„Ich weiß, dass der Druck groß ist. Damit muss ich leben. Die Öffentlichkeit erwartet viel. Aber ich hoffe, dass sie sich daran erinnern, dass ich auch nur ein Mensch bin“, sagt die Skijägerin vor ihrem Heimspiel. Ein Titel zu Hause wäre die Krönung ihrer mutmaßlich letzten Saison. Den ersten kann sie am Samstag im Sprint holen.
Die Vorzeigeathletin des finnischen Biathlons ist quasi eine Einzelkämpferin. Sie geht oft nicht nur trainingstechnisch ihre eigenen Wege - Mäkäräinen ist auch die Einzige im Lager des WM-Gastgebers mit dem Prädikat Weltspitze. Sie holte in dieser Saison schon elf Podestplätze, darunter fünf Siege.
Somit geht die Weltcup-Gesamtsiegerin des Vorjahres neben ihrer Dauerrivalin Darja Domratschewa aus Weißrussland als absolute Top-Favoritin in die WM-Rennen. Zumal die beiden Ausnahmekönnerinnen läuferisch in einer eigenen Liga spielen und nur bei eigenen Fehlern von der Konkurrenz zu schlagen sind.
Vor fast genau einem Jahr gewann Mäkäräinen bei der „WM-Generalprobe“ in ihrer Heimat alle drei Weltcuprennen. Wenngleich es anfangs gar nicht gut aussah, sie den besonderen Druck vor Heimrennen deutlich spürte. „Ich war wirklich nervös. Ich dachte, es wäre eine Katastrophe, wenn es nicht funktioniert. Dann fand ich eine Stelle im Stadion und saß dort zehn Minuten. Ich sah mich um und dachte, ich kennen hier jeden Winkel. Warum also Stress machen“, erinnert sie sich. „Danach war ich beruhigt und dachte, das sind auch nur normale Rennen. Und es ging gut.“
Nun hofft sie, mit diesem Trick auch den nun ungleich höheren Erwartungen gerecht zu werden und nicht so einen sportlichen Tiefschlag wie bei den Olympischen Spielen in Sotschi zu erleben, wo die Favoritin ohne Medaille blieb.
In die Geschichtsbücher hat sich die „kleine Mücke“, wie Mäkäräinens Familienname übersetzt wird, bereits eingetragen. Denn als erste finnische Biathletin wurde sie 2011 Weltmeisterin, als sie in der Verfolgung vor Magdalena Neuner siegte. Sie sicherte sich auch als erste Finnin den Gesamtweltcup. Daraufhin wurde sie in ihrer Heimat zur Sportlerin des Jahres gewählt.
Dabei ist Mäkäräinen eine Spätzünderin. Erst mit 20 bestritt die frühere Langläuferin ihr erstes Biathlon-Rennen. Im selben Jahr hatte sie in Joensuu begonnen, Mathematik und Physik auf Lehramt zu studieren. Doch dann schwänzte sie eine Woche lang die Uni, um die WM-Rennen in Chanty-Mansijsk zu sehen. „Ich weiß gar nicht, warum ich mich damals so dafür interessiert habe. Aber nach der WM habe ich beim Biathlon-Verein in Kontiolahti angerufen - so hat meine Biathlon-Karriere angefangen“, erinnert sich die 32-Jährige.
Mäkäräinen trainiert oft alleine. Um aber neue Erfahrungen zu sammeln und Reize zu setzen, schloss sie sich vergangenen Sommer in der Vorbereitung dem deutschen Team an und trainierte mit ihrer Freundin Miriam Gössner in Obertilliach mit. „Es ist sehr gut für mich, dass ich in einer Gruppe trainieren kann. Denn zu Hause trainiere ich größtenteils alleine. Besonders für das Schießen ist dieses Training sehr gut“, erzählte die Finnin.
Ihr Motto ist so simple wie erfolgbringend. „Du musst an das glauben, was du tust. Und genau wissen, welche Auswirkungen verschiedene Dinge auf deine Leistung haben“, sagte Mäkäräinen, die sich selbst als „Perfektionistin“ bezeichnet: „Ich will mich immer weiterentwickeln und verbessern. Ich möchte nichts umsonst oder nur halbherzig tun. Entweder du bist voll dabei oder du lässt es sein.“