Norwegisches Team im Form-Tief - „Nichts zu beschönigen“
Kontiolahti (dpa) - Nicht nur „SuperSvendsen“ ist ratlos. „Ich habe keine wirkliche Erklärung, warum es bisher nicht so gutlief. Aber es gibt nichts zu beschönigen“, sagte Emil Hegle Svendsen nach dem bisher enttäuschenden Saisonverlauf im Biathlon-Weltcup vor der WM in Kontiolahti.
In ihrem eigenen Selbstverständnis sind die norwegischen Skijäger die internationale Top-Nation. Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen derzeit weit auseinander. So gehen Svendsen und Co. mit einer großen Portion Unsicherheit in die WM-Rennen.
Ausgerechnet beim letzten Weltcup in Oslo wurde die Misere der Norweger besonders offensichtlich. Svendsen meldete sich wegen einer Erkältung krank ab, Ole Einar Bjørndalen legte lieber ein Höhentrainingslager ein. Tarjei Bø, der schon die ganze Saison mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat und völlig außer Form ist, wurde nach einem Gesundheitscheck eine Wettkampfpause verordnet.
„Es ist eine enttäuschende Saison für das gesamte Team. Sonst kämpfen mehrere unserer Jungs um die Podiumsplätze im Gesamtweltcup, jetzt ist der Beste Fünfter. Das ist neu für uns. Wir sind verwöhnt, wir sind Norweger“, sagte der bekannte TV-Kommentator Andreas Stabrun Smith der ARD. „Momentan gibt es kein Biathlon-Fieber in Norwegen.“
Dabei hatte die Saison mit dem Auftaktsieg von Svendsen super angefangen. Aber dann lief nicht mehr allzu viel zusammen. In Nove Mesto reichte es für Svendsen nur für die Plätze 43 und 23. Insgesamt holten die Norweger in den Einzelrennen bisher nur magere sechs Podestplätze, darunter je zwei Siege durch Svendsen und Johannes Thingnes Bø. Frankreichs Superstar Martin Fourcade allein kommt schon auf zehn Podiumsplätze, darunter sechs Siege.
In der Weltcup-Gesamtwertung ist Johannes Thingnes Bø als Fünfter bester Norweger, Svendsen ist Siebter, Bjørndalen 20. und Tarjei Bø 26. In keiner Weltcup-Einzelwertung ist einer aus dem Norge-Team unter den besten drei. Lediglich in der Nationenwertung führen sie vor Deutschland und Russland. In der Staffelwertung sind die Norweger hinter Russland Zweiter, gefolgt von Deutschland.
Svendsen hat derweil den Hauptgrund für die bisher enttäuschende Saison scheinbar gefunden: Das Material. „Um erfolgreich zu sein, benötigen wir nicht nur gutes Training, sondern auch gute Ski“, meinte er. Dabei haben die Norweger schon lange einen Wachstruck und ein Heer an Technikern. Doch auch Biathlon-Legende Halvard Hanevold meinte: „Das Material passt nicht richtig“ und ergänzte: „Aber auch die Laufform und das Schießen sind nicht gut.“
Bei der letzten WM 2013 in Nove Mesto hatte Norwegen noch abgeräumt. Svendsen gewann Gold im Sprint und der Verfolgung, Tarjei Bø den Titel im Massenstart. In der Staffel liefen sie ebenfalls zum Titel, Svendsen holte noch Bronze im Massenstart. Seit 2009 gewann Norwegen immer Staffel-Gold. „Keiner hat Lust um die Plätze 20 zu laufen. Für die WM müssen wir uns zusammenreißen“, sagte Johannes Thingnes, der jüngere der Bø-Brüder.
Und auch Svendsen will sich nicht von vornherein geschlagen geben: „Man muss positiv und optimistisch bleiben. Es hilft nicht, sich hinzulegen und zu weinen.“ Zudem vertraut der 29-Jährige auf seine Erfahrung. „Wegen all der Faktoren, die ins Spiel kommen, kann ich auch ohne Top-Form eine Medaille holen“, meint der viermalige Olympiasieger und elffache Weltmeister zuversichtlich.