Ex-Langläuferin Herrmann katapultiert sich in Biathlon-Weltspitze
Östersund (dpa) - Denise Herrmann hatte sich mit ihrem überraschenden Doppelsieg gerade in die Biathlon-Weltspitze katapultiert, doch den Vergleich mit Überfliegerin Laura Dahlmeier scheute die ehemalige Langläuferin noch.
„Da fehlt mir noch sehr, sehr viel. Sie ist die perfekte Biathletin unserer Zeit“, sagte Herrmann nach ihrem zweiten Triumph in nur drei Tagen beim Weltcup in Östersund. Gut zwei Monate vor dem Start der Olympischen Spiele in Pyeongchang haben die deutschen Skijägerinnen nun sogar zwei Siegläuferinnen in ihren Reihen. Herrmann meinte: „Das ist für Biathlon-Deutschland super.“
Am Freitag hatte die 28-Jährige in Schweden im Sprint nur 19 Monate nach dem Wechsel der Disziplin den ersten Weltcupsieg gefeiert - Nummer zwei legte sie am Sonntag in der Verfolgung in beeindruckender Manier nach.
Völlig abgeklärt kompensierte sie zwei Schießfehler und siegte mit fast einer halben Minute Vorsprung vor der Französin Justine Braisaz. Herrmann ist nun Zweite im Gesamtweltcup mit vier Zählern hinter Braisaz. Zudem startet sie in der nächsten Woche in Hochfilzen in Sprint und Verfolgung im Roten Trikot. Eine Warnung schickte sie gleich an die Konkurrenz: „Ich will das hohe Niveau halten.“
Sie könne dies „sicher nicht in jedem Rennen und an jedem Wochenende leisten, aber an diesem Wochenende ging es sehr gut“, sagte Herrmann, die 2014 mit der Langlauf-Staffel noch Bronze bei Olympia in Sotschi gewonnen hatte. „Letztes Jahr habe ich mir gedacht: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann nie“, erzählte Herrmann. Und so verabschiedete sie sich von den Spezialisten, investierte unzählige Stunden in das Schießtraining, feilte an Waffe und Technik, wurde besser und besser. Das Laufen vernachlässigte sie nie, auch wenn das Gefühl mit dem Gewehr ein anderes war: „Du merkst schon, dass du vier Kilo mit dir herumschleppst, aber ich bin ja nicht so zart gebaut.“
Das ist jetzt ihr großes Plus. Herrmann ist mit ihren 1,75 Metern enorm athletisch und immer für die Lauf-Bestzeit gut, selbst Schießfehler kann sie dadurch verkraften. „Man muss sicher ein bisschen Talent mitbringen“, sagte Herrmann, aber man dürfe sich auch „nicht vom Weg abbringen lassen“. Zweifler gab es genügend, schließlich war sie schon 26 Jahre alt, als sie wechselte und sich in der starken Trainingsgruppe in Ruhpolding hinten anstellte. „Da wird einem jeden Tag gezeigt, wo der Hase lang läuft.“
Die Liste der prominenten Vorgängerinnen, die wie Kati Wilhelm oder Magdalena Forsberg nach dem Wechsel zum Biathlon durchstarteten, ist lang. „Ich bin aber keine Kati, sondern ich bin die Denise“, sagte Herrmann.
Wenn das weiterhin gelingt, kann sie zur Alternative für die deutsche Weltmeister-Staffel werden. „Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell sie an die Weltspitze gekommen ist“, sagte Bundestrainer Gerald Hönig. Herrmann bewies, dass sie selbst schwierige Rennen mit vier Schießeinlagen für sich entscheiden kann. Die Norm für Olympia in Südkorea hat sie erfüllt, doch pro Rennen gibt es nur vier Startplätze. „Ich bin jetzt sicher schon mal gut dabei, aber der Druck ist sehr hoch“, sagte Herrmann. Jede aus dem DSV-Team sei eine Kandidatin für das Podest.
Vor allem natürlich die siebenmalige Weltmeisterin Dahlmeier, die in Östersund wegen einer Erkältung fehlte. Erst in der kommenden Woche in Hochfilzen wird die 24-Jährige in die Saison einsteigen - und plötzlich auf eine harte Konkurrentin im eigenen Team treffen. Dahlmeier testete am Samstag schon mal die Form und gewann bei einem FIS-Rennen im österreichischen Seefeld den Langlauf-Sprint. „Inspiriert von Denise Herrmann“, schrieb Dahlmeier bei Instagram unter das Foto der Siegerehrung. An diesem Freitag treffen Dahlmeier und Herrmann im Sprint von Hochfilzen dann im Weltcup aufeinander. „Wir werden uns künftig sicher gegenseitig pushen“, sagte Herrmann.