Fourcade contra Russland Nach Eklat: Biathlon-Szene spaltet sich in zwei Lager

Hochfilzen (dpa) - Auf diese mit Nachdruck vorgebrachte Frage eines russischen Reporters reagierte Frankreichs Biathlon-Superstar Martin Fourcade mit völligem Unverständnis.

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„Entschuldigen? Wofür soll ich mich entschuldigen, ich habe nichts falsch gemacht“, sagte der beste Biathlet der Welt angesprochen auf den auch durch ihn verursachten Eklat nach der Mixed-Staffel bei der WM in Hochfilzen.

Die Geschehnisse bei der Flower-Zeremonie, als Anton Schipulin und Alexander Loginow Fourcade den Handschlag verweigerten, er daraufhin höhnisch klatschte und vorzeitig vom Podium ging, sowie auf der denkwürdigen Pressekonferenz wird wohl auch Fourcade nicht so schnell vergessen. Wie auch die zu Statisten degradierten deutschen Weltmeister Vanessa Hinz, Laura Dahlmeier, Arnd Peiffer und Simon Schempp, die vor Frankreich und Russland Gold gewannen.

Nach der Siegerehrung mit Medaillenübergabe hatte Fourcade das Bedürfnis, noch mal einiges klar zu stellen. Er habe vor jedem Sportler Respekt und verdiene selbst nicht mehr als andere. „Ich habe in meiner ganzen Karriere Respekt vor Anton Schipulin gezeigt in meinen Worten, Aktionen und unseren Kämpfen. Der nächste Schritt muss von Anton kommen.“ Er selbst bedauere nichts.

Nur bei den Deutschen entschuldigte er sich für das Geschehen: „Es tut mir leid, dass das am Tag eurer Goldmedaille passiert ist.“ Vanessa Hinz entgegnete: „Es ist nicht deine Schuld, sondern ihre.“

Schipulin, der Fourcade und dem französischen Team aggressives und unsportliches Verhalten gegenüber Loginow vor und während des Rennens vorwarf, stellte sogar die menschlichen Qualitäten des Franzosen in Frage. Dass Fourcade den nach seiner Sperre zurückgekehrten Dopingsünder Loginow beim letzten Wechsel absichtlich zu Fall gebracht habe, habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Auch die ständigen Twitter-Kommentare Fourcades über Loginow, der seine Strafe abgesessen habe, seien überflüssig. Deshalb kein Handschlag vor großem Publikum. „Wir sind eine stolze Nation. Wenn uns jemand den Krieg erklärt, stehen wir bis zum Ende zusammen“, sagte Schipulin.

Fourcade wies die Vorwürfe vehement von sich. Und selbst Russlands Männer-Coach Ricco Groß nahm Fourcade in Schutz. „Das war eine normale Rennsituation und keine Absicht. Wir sollten jetzt die Ruhe bewahren, Gespräche führen und das Ganze diplomatisch angehen“, sagte der 46-Jährige. Simon Schempp hält die Reaktion der Russen, die für eine Fourcade-Twitter-Nachricht contra Loginow vom Weltverband eine Disziplinarstrafe verlangten, für übertrieben. „Martin hat da nur seine Meinung gesagt. Momentan kocht es ein bisschen über“, sagte er.

Doch klar ist auch: Die Nominierung Loginows, dessen zweijährige EPO-Sperre erst im Dezember abgelaufen war, ist für viele Sportler eine Provokation. Zumal der russische Dopingskandal immer noch nicht aufgearbeitet ist und die Russen keinerlei Einsicht oder Taktgefühl zeigen.

„Loginow darf wieder starten, und das respektiere ich als Athlet und Mensch. Ich werde aber nie vergessen und wir dürfen alle nie vergessen, was er getan hat“, sagte Fourcade, der mittlerweile Wortführer der Skijäger im Anti-Doping-Kampf ist. Nicht nur er hatte die Rückkehr Loginows kritisiert. „Mir stinkt das schon wieder bis zum Himmel“, sagte Erik Lesser.

Mit dem in der Szene von allen respektierten Schipulin könnten sie jetzt aber das letzte Bindeglied verloren haben. Die Gräben sind tief in der viel beschworenen „großen Biathlon-Familie“, an die Laura Dahlmeier anders als ihr Teamkollege Arnd Peiffer immer noch glaubt. „Man muss jetzt keine künstlichen Mauern hochziehen“, sagte sie. Wichtig sei vor allem eines: „Dass wir gemeinsam für einen sauberen Sport kämpfen, und da sind auch russische Athleten dabei.“