Rekord-Weltmeisterin Neuner will zweites WM-Gold
Ruhpolding (dpa) - Gleich vier Scheiben blieben beim letzten Trainingsschießen von Magdalena Neuner vor der Jagd nach dem letzten noch fehlenden WM-Titel stehen. Trotzdem lachte die 25-Jährige, und auch die Bundestrainer Gerald Hönig und Ricco Gross waren am Schießstand richtig gut gelaunt.
Die Rekord-Weltmeisterin hatte mit ganz viel Spaß und voller Absicht stehend auf die viel kleineren Scheiben für das Liegendschießen gezielt und es sich damit schwerer gemacht. „Ich habe ihr gleich gesagt, das wären fünf Treffer gewesen“, sagte Hönig. Später stellte Neuner fest: „Ich denke, ich bin gut vorbereitet. Klar ist im Hinterkopf, dass dies ein Titel ist, der mir noch fehlt.“
Schon in der Früh hatten sich die Fans in der Ruhpoldinger ChiemgauArena eingefunden und schauten den Skijägerinnen beim Training für das Einzelrennen über 15 Kilometer am Mittwoch zu. „Ein Wintermärchen geht zu Ende - ein Stern geht, die Erinnerung bleibt“, stand auf einem Plakat. „Danke für alles Lena“. Auch die drei anderen Einzelstarterinnen Andrea Henkel, Tina Bachmann und Miriam Gössner wurden angefeuert. „Ja gut, zwei Medaillen sind möglich. Zwei Medaillen sind eigentlich fast in jedem Rennen, wo die deutsche Mannschaft rangeht, möglich“, erklärte Hönig.
Mit dem ihr ureigenen Selbstbewusstsein geht Neuner in den Biathlon-Klassiker. „Ich glaube, dass ich soweit bin und das Potenzial habe, auch so ein Rennen zu gewinnen“, sagte die zweimalige Olympiasiegerin. Mit Gold, Silber und Bronze im Sprint, Verfolger und der Mixed-Staffel ist die Rekord-Weltmeisterin vor den letzten drei Wettbewerben bei der Biathlon-WM in Ruhpolding die erfolgreichste Skijägerin. 66 500 Euro an Preisgeldern ist ihr kompletter WM-Medaillensatz wert.
Der Sieg über 15 Kilometer hat für sie eine ganz besondere Bedeutung: „Ich würde lügen, wenn ich sage, ich hätte nicht den Traum, auch mal im Einzel Gold zu gewinnen.“ Sollte Neuner im schweren Einzelrennen tatsächlich triumphieren, würde sie ihre Gold-Sammlung komplettieren. Die momentan elfmalige Weltmeisterin würde in allen Disziplinen als WM-Titelträgerin in die Annalen eingehen. Und sie hätte wirklich die Chance, ihr selbstgestecktes Ziel, in Ruhpolding in jedem Rennen eine Medaille zu gewinnen, zu erreichen.
Ein Blick in die Ergebnislisten zeigt: Neuners Siegquoten sind nicht so hoch - in ihrer Karriere konnte sie erst ein Einzel gewinnen. Am 20. Januar 2010 ließ sie beim Weltcup in Antholz trotz drei Schießfehlern Kati Wilhelm, die letzte deutsche Weltmeisterin im Klassiker, und Andrea Henkel hinter sich. Drei Strafminuten dürften bei der WM zu viel sein. Verfolgungssiegerin Darja Domratschewa, die Norwegerin Tora Berger, Olga Saizewa aus Russland und die Schwedin Helena Ekholm warten nur auf Patzer von Neuner.
Und auch intern ist die Konkurrenz groß. Andrea Henkel und die WM-Zweite von 2011, Tina Bachmann, rechnen sich Chancen aus. „Ich möchte unbedingt noch eine Einzelmedaille“, sagte Henkel. Die Thüringerin gewann 2002 bei Olympia in Salt Lake City und 2005 bei der WM in Hochfilzen Gold über die 15 Kilometer. „Das zeigt doch, dass ich es kann.“ Auch Bachmann war nach dem Training optimistisch: „Ich bin mit einem super Ergebnis mit viermal null vom Schießstand gegangen. Dieses Gefühl versuche ich mit in den Wettkampf zu nehmen.“
Unterdessen hat Magdalena Neuner einen Blick in ihr Innerstes gewährt. Der Sonnenschein, den Fans und Medien gleichermaßen lieben, war sie nicht immer. „Dieses Lächeln war nicht immer da. Gerade die Menschen, die mir näher stehen, die wissen, dass es viele Stunden gab, in denen die Tränen geflossen sind. Aber das kriegt man nach Außen hin immer nicht so mit. Viele kennen nur die lachende Magdalena, aber es gibt natürlich eine andere Seite. Wobei ich sagen muss, mittlerweile überwiegt die lachende Seite. Definitiv“, sagte die 25-Jährige im „Blickpunkt Sport“ des Bayerischen Rundfunks.