„Friedrich der Große“ bleibt auf Bob-Thron

Winterberg (dpa) - Überglücklich trug Zweierbob-Weltmeister Francesco Friedrich seine Frau Magdalena küssend durch den ganzen Zielbereich, danach gab er im Batman-Shirt die ersten Siegerinterviews.

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Der von seinem Heimtrainer Gerd Leopold „Friedrich der Große“ getaufte Bobpilot aus Oberbärenburg verwies in Winterberg mit vier Laufbestzeiten und dem Startrekord von 5,08 Sekunden Teamkollege Johannes Lochner und Weltcup-Gesamtsieger Oskars Melbardis mit jeweils 1,06 Sekunden Vorsprung auf Rang zwei. Der weinende Lette musste noch auf dem Podium vom Sieger getröstet werden.

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„Es ist ein schöner Tag, man kann es nur genießen. Melbardis hat seine Startleistung hier abgeliefert, doch uns sind hier vier Klasse-Läufe gelungen. Die Startbestzeit im letzten Lauf war dann noch die Krönung für uns“, meinte der Sachse.

WM-Debütant Johannes Lochner aus Stuttgart konnte sein Glück nicht fassen. „Ich kann es nicht glauben, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Nach nur vier Weltcup-Rennen stehe ich hier als Zweiter auf dem Podest. Das ist doch ein Traum“, sagte der gebürtige Bayer, der mit Joshua Bluhm glänzende Startzeiten produzierte. „Mir zittern immer noch die Knie, mein Mund ist trocken. Ich muss erst mal zu Hause anrufen“, meinte Bluhm.

Mit seinem zweiten WM-Coup schloss Friedrich mit seinen erst 24 Jahren schon zu den großen des Bobsports auf. Der Sachse ist erst der achte Pilot in der 84-jährigen Zweierbob-Geschichte, dem eine Titelverteidigung gelang. Selbst fünf WM-Siege wie einst Eugenio Monti von 1957 bis 1961 liegen für den jüngsten Zweierbob-Weltmeister der WM-Historie noch im Bereich des Möglichen. Zuvor schafften nur die deutschen Ausnahmepiloten Wolfgang Zimmerer (1973/74), Wolfgang Hoppe (1985/86), Christoph Langen (1993/95/96) und André Lange (2007/08) dieses Kunststück.

„Franz ist ein Jahrhunderttalent. Er bringt alles mit, um über viele Jahre Bobgeschichte zu schreiben“, sagte Heim- und Bundestrainer Gerd Leopold, der nach der Zieleinfahrt wie Rumpelstilzchen durch die Gegend sprang. „Nach Olympia haben wir im Sommer weiter hart gearbeitet. Selbst Rückschläge steckt Francesco weg und zieht gekonnt seine Schlüsse daraus.“

Mit dem WM-Gold von Friedrich komplettierte der Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) zur Halbzeit der Titelkämpfe seinen Medaillensatz. „Ich bin begeistert, wir haben nach Sotschi alles hinterfragt und ernten nun die ersten Erfolge. Die neuen Mechanismen scheinen zu greifen. Doch die WM hier ist nur eine erste Etappe auf dem Weg zu Pyeongchang 2018“, sagte BSD-Sportdirektor Thomas Schwab, der selbst Freudensprünge machte.

Im nicht-olympischen Team-Wettbewerb holte Friedrich beim deutschen Doppelerfolg mit Deutschland I erneut Gold, obwohl er nur die viertbeste Zeit des Starterfeldes erreichte. Einen goldenen Abschluss ihrer Karriere feierte Cathleen Martini, die letztmals in einem Wettkampfbob die Piste hinunterraste. Silber vor Russland holte die zweite deutsche Mannschaft mit den Skeletonis Christopher Grotheer und Anja Selbach-Huber sowie mit den Zweierbobs von Anja Schneiderheinze und Johannes Lochner, der diesmal als Zeitschnellster sogar Friedrich bezwang.