Langen peilt dreimal WM-Gold an - Virus im Team

Königssee (dpa) - Der Heimvorteil droht zum Heimfluch zu werden: Eine neue Bahn, kaum Training und nun noch ein Virus im Team - das „Unternehmen Gold“ scheint gefährdet. Daher wird das deutsche Bob-Team bei der WM von Donnerstag an in Königssee weitgehend abgeschirmt.

„Bei dieser WM wird es für unseren Trainerstab mit zu den Aufgaben zählen, eine zu große Reizflut, die von außen auf unser Team einwirken kann, möglichst gering zu halten und die Konzentration auf das Wesentliche zu lenken“, gab Sportdirektor Thomas Schwab vom Bob und Schlittenverband für Deutschland (BSD) als Devise aus.

Christoph Langen, der als neuer Bob-Cheftrainer seine WM- Feuertaufe zu bestehen hat, wohnt daher mit seinem Team auch nicht im offiziellen WM-Hotel in Berchtesgaden, sondern im ruhigen Weltcup-Stammquartier „Köppeleck“ in Schönau am Königssee. Dort kurierte sich die Mannschaft in den vergangenen Tagen aus, nachdem sie sich einen Virus eingefangen hatte. „Wir hatten das gleiche Problem wie Maria Riesch. Ich bin froh, dass die Sache nun am abklingen ist“, sagte Langen.

Ausreden lässt er nach der erfolgreichen Weltcup-Saison ohnehin nicht zu. „Jetzt wird sich zeigen, ob wir wirklich Siegfahrer haben. Eine Heim-WM ist immer schwierig, das hört sich zwar komisch an, ist aber so. Jeder will von den Athleten noch Freikarten oder Interviews haben, das lenkt alles nur ab“, sagte der ehrgeizige Coach und fordert alle drei WM-Titel. So wie bei der Heim-WM in Altenberg 2008, als die Deutschen insgesamt sieben von neun möglichen Medaillen im Bob und dazu noch einen WM-Titel und zwei dritte Plätze im Skeleton geholt hatten. „Altenberg und Königssee kann man aber nicht vergleichen. Altenberg ist eine spezielle, sehr schwierige Bahn. Hier ist alles anders, da wird es nur Rennen auf Augenhöhe mit der Konkurrenz geben“, betonte Langen.

Entscheidend wird der Start sein. Genau darin liegt auch das Problem. „Eine Saisonanalyse ergab, dass wir im Durchschnitt zu große Rückstände am Start hatten. Auch fahrerisch gibt es noch genug Reserven. Auf jeden Fall müssen wir uns in dieser Saison keine Gedanken über das Material machen“, sagte Langen, dessen Teams komplett mit den Bobs aus der Berliner FES-Schmiede fahren. Die Experten vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) tüfteln vor Ort bis zum Abschlusstraining noch an der Optimierung des Materials und haben nach eigenen Aussagen noch etwas in der Hinterhand.

Das erste WM-Gold könnte am Samstag Topfavoritin Sandra Kiriasis aus dem Königssee fischen. Die neunmalige Weltcup-Gesamtsiegerin aus Winterberg peilt ihren vierten WM-Titel an. Doch auch ihre ehemalige Anschieberin Anja Schneiderheinze-Stöckel, mit der sie 2006 Olympiasiegerin wurde, will im Bob Deutschland III ein Wörtchen mitreden. Und dann ist da noch das sächsische Duo Cathleen Martini/Romy Logsch: Vor dem Umbau hielten sie den Bahnrekord und gewannen zudem 2008 und 2010 die Weltcups in Königssee.

Während im Skeleton Lokalmatadorin Anja Huber als Top-Favoritin gilt, will der Bob-Senkrechtstarter Manuel Machata seine überragende Debüt-Saison krönen. Nach dem Gewinn des Gesamt-Weltcups und der EM im Viererbob will der Ramsauer auf seiner Haus-Bahn erneut für Furore sorgen. In einem Formhoch befand sich zuletzt auch Thomas Florschütz aus Riesa, der mit dem ehemaligen Lange-Anschieber Kevin Kuske endlich auch seinen ersten Titel bei internationalen Meisterschaften holen will. Dritter Erfolgsgarant ist Karl Angerer vom gastgebenden WSV Königssee, der in heimatlichen Gefilden immer für einen Sieg gut ist. Dank der Junioren-WM-Titel von Francesco Friedrich (Zweierbob) und Maximilian Arndt (Viererbob) kann Cheftrainer Langen vier deutsche Bobs pro Disziplin an den Start schicken - das gab es seit der Wiedervereinigung noch nie.