Pechstein warnt vor Paragraf 11 im Anti-Doping-Gesetz
Berlin (dpa) - Olympiasiegerin Claudia Pechstein hat die Sportler Deutschlands vor einem „schlimmen Paragrafen“ im neuen Anti-Doping-Gesetz gewarnt. Einen Tag vor ihrem 15. Start beim Eisschnelllauf-Weltcup in Berlin begrüßte sie das Gesetz zwar grundsätzlich, forderte jedoch Modifikationen.
„Das Gesetz muss mit unserem Grundgesetz vereinbar sein. Deshalb sollte jeder Sportler, der das Gesetz in seiner jetzigen Fassung unterstützt, auf der Hut sein und den Text, vor allem den schlimmen Paragraf 11, ganz genau lesen“, sagte Pechstein in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Paragraf 11 regelt die Festlegung auf die Sportgerichtsbarkeit. „Uns soll verboten werden, vor einem ordentlichen Gericht um unser Recht zu kämpfen. Dabei hat dieses Recht laut Grundgesetz jeder Bundesbürger“, sagte Pechstein. Es dürfe nicht sein, dass sich Sportler einem Rechtssystem unterwerfen müssen, das der Sport sich selbst schuf und in dem die Verbände das Sagen haben. „Die Willkür solcher privaten Sportgerichte kann jeden treffen. Auch saubere Athleten, wie mein Fall bewiesen hat“, führte sie aus.
Schon während ihrer zweijährigen Sperre aufgrund erhöhter Blutwerte hatte sich Pechstein stets für ein Anti-Doping-Gesetz ausgesprochen. „Wenn mein Fall vor einem ordentlichen Gericht verhandelt worden wäre, wäre ich niemals verurteilt worden. Denn dort zählen Beweise und keine Spekulationen. Daher begrüße ich ein solches Gesetz auf jeden Fall“, sagte sie.
Pechstein fordert konsequent ein Wahlrecht des Athleten zwischen privaten und staatlichen Gerichten. „Keinesfalls darf man als Sportler gezwungen werden, auch noch Schadenersatzsprüche vor dem Gericht geltend zu machen, von dem man zu Unrecht verurteilt worden ist“, sagte Pechstein, die sich über die positiven Entwicklungen im Schadenersatzprozess vor dem Münchner Oberlandesgericht freut. „Die Richter tendieren dazu, meine Schadensersatzklage zuzulassen. Dann hat die ISU ein ernsthaftes Problem. Aber es ist noch keine Entscheidung gefallen. Es liegt nicht in meiner Hand. Deshalb denke ich jetzt noch nicht an 2015“, sagte sie auf die Frage, ob 2015 zum „Wendejahr“ in ihrem Fall werden könne. Experten haben inzwischen nachgewiesen, dass die erhöhten Retikulozytenwerte von einer geerbten Blutanomalie stammen.
Daher machte sich auch DOSB-Präsident Alfons Hörmann für sie stark und hat eine Expertenkommission eingesetzt, die ihren Fall noch einmal aufarbeiten soll. „Mit ihm haben wir jetzt einen Präsidenten, der sich für die Belange von uns Sportlern einsetzt. Er hat ein immer offenes Ohr für uns und nimmt uns und unsere Anliegen sehr ernst“, sagte Pechstein und hofft nun aber erst einmal auf gute Rennen auf ihrer Hausbahn. „Ich kenne die Bahn, kenne jede Kurve. Das Besondere ist, dass hier viele Familienangehörige und Freunde an der Bande stehen werden, um mich anzufeuern. Das gibt mir Extra-Motivation.“
Nach ihrem überraschend deutlichen 5000-Meter-Sieg von Seoul möchte sie sich aber nicht zu sehr unter Druck setzen. „Ich will auf dem Teppich bleiben, die 5000 Meter werden in Berlin nicht gelaufen.“ Ihre Konzentration liegt daher auf den 3000 Metern am Freitag, ihr einziger Weltcupsieg auf dieser Distanz in Berlin liegt allerdings schon 17 Jahre zurück. „Ich möchte unter die Top fünf kommen. Ein ähnliches Ergebnis wie in Seoul wäre natürlich überragend. Und auch im Teamlauf und beim Massenstart werde ich mein Bestes geben.“