Pechstein zittert BGH-Prozess entgegen - Beckert Siebter
Berlin (dpa) - Die riesige Anspannung war Claudia Pechstein deutlich im Gesicht abzulesen. „Diese WM war eine Durchgangsstation. Dienstag ist der entscheidende Tag für mich“, meinte die 44 Jahre alte Eisschnelllauf-Olympiasiegerin.
Zuvor hatte Pechstein nur haarscharf das Finale der Top Acht bei den Mehrkampf-Weltmeisterschaften in Berlin verpasst hatte. Am 8. März steht für sie der Prozess vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe an. Er wird richtungweisend für ihre Schadenersatzklage über fünf Millionen Euro gegen den Eislauf-Verband ISU sein, könnte aber auch die gesamte Sportschiedsgerichtsbarkeit auf den Prüfstand stellen.
Ein wenig traurig war sie aber doch, dass sie das 5000-Meter-Finale um ganze 0,2 Sekunden auf den 3000 Metern verpasst hatte. „Eigentlich wollte ich bei dieser WM gar nicht starten. Aber mein neuer Trainer Peter Mueller hat mich dazu motiviert. Es hat sich aber bestätigt: Der Mehrkampf ist nicht mein Ding.“
Der US-Amerikaner Mueller lobte den Kampfgeist seiner Athletin, räumte aber auch ein: „Die 3000 Meter kann sie besser. Schade.“ Er werde nun am Dienstag am Telefon sitzen und auf eine Nachricht vom Prozess in Karlsruhe warten. „Bei einem kleinen Jack Daniels“, meinte er schmunzelnd.
Pechsteins Lebensgefährte Matthias Große veranschaulichte, welch nervliche Belastung der anstehende Prozess bedeutete. „Der Druck auf Claudia ist seit Wochen enorm. Und er wird jeden Tag um 24 Kilo schwerer. Wir alle in ihrem Umfeld sind enorm angespannt“, sagte er.
Sollte Pechstein, die nach eigenen Angaben 750 000 Euro in Prozesse und Gutachten gesteckt hat, vor dem BGH gewinnen, würde der Fall ihrer Sperre per indirektem Beweis vor dem Oberlandesgericht München neu aufgerollt. Sie hätte dann Aussicht auf Wiederherstellung ihres Rufes und viel Geld von der ISU.
Im Gegensatz zu Pechstein zog Patrick Beckert ins Finale über 10 000 Meter ein und erreichte als Siebter des Klassements seine bisher beste Platzierung bei einer Allround-WM. „Für mich ein Super-Ergebnis. Ich bin glücklich, dass sich meine Ziele erfüllt habe“, meinte der Thüringer erleichtert. „Ich wollte dem tollen Publikum noch einen sauberen Lauf bieten und habe gespürt, dass es etwas ganz anderes ist, wenn man zuvor schon drei Strecken in den Beinen hat“, fügte nach seinen 13:27,15 Minuten hinzu.
Dank eines fünften Platzes über 5000 Meter stand ihm der Weg ins Finale offen, obwohl der Erfurter nach drei Strecken wegen seiner Sprintschwäche nur Rang 15 eingenommen hatte. Über 3000 Zuschauer feierten ihn in seinem Rennen, Beckert bedankte sich mit einem Winken ins Publikum. Bisher hatte ein zehnter Platz 2012 als bestes Allround-WM-Ergebnis für ihn zu Buche gestanden.
Die WM-Titel gingen an die Top-Favoriten: Der niederländische Rekord-Weltmeister Sven Kramer holte sich mit seinem Sieg über 10 000 Meter in Bahnrekordzeit von 13:07,19 Minuten seinen achten Allround-Titel und sein 25. WM-Gold überhaupt.
Moritz Geisreiter aus Inzell beendete die WM auf Rang 22. Das Finale auf seiner Lieblingsstrecke hatte er deutlich verfehlt. Im Schlussrennen der Damen sicherte sich die Tschechin Martina Sablikova ihren vierten Allround-Erfolg nach 2009, 2010 und 2015 mit dem 5000-m-Sieg - gleichfalls mit Bahnrekord in 6:52,57 Minuten.