Luitz weckt Erinnerungen an goldene Alpin-Zeiten

Val d'Isère (dpa) - Auch die ganz Großen der Branche zollten Stefan Luitz Respekt. Für Weltmeister Ted Ligety war die Fahrt des 20-Jährigen auf Riesenslalom-Rang zwei „sehr eindrucksvoll“. Bei der Pressekonferenz stellte sich der Shooting Star selbst vor.

Nach ihrem Sensationscoup blödelten Luitz und Felix Neureuther erst mal im Internet. Ein Foto mit nacktem Oberkörper, quer über den Helm aufgesetzter Skibrille und stolzem Gesichtsausdruck stellte Neureuther online - und hielt damit das beste deutsche Riesenslalom-Teamergebnis seit 31 Jahren fest. „Den muss man jetzt feiern“, forderte der Viertplatzierte für Luitz, der seine furiose Fahrt auf Platz zwei auch lange nach dem Rennen in Val d'Isère nicht fassen konnte: „Es ist der Wahnsinn. Du stehst mit zweien auf dem Podest, zu denen du aufsiehst. Es ist unbeschreiblich, ich muss das alles erst realisieren.“

Die zwei waren Sieger Marcel Hirscher aus Österreich und Ligety, der amerikanische Weltmeister zollte dem Überraschungsmann direkt seinen Respekt: „Sehr eindrucksvoll, was er heute geleistet hat.“ So eindrucksvoll, dass sich Luitz vor der Weltpresse im Spaß vorstellen musste: „Ich heiße Stefan Luitz und fahre Ski, seit ich drei Jahre bin. Im Sommer gehe ich gern Biken“, sagte der für den SC Bolsterlang startende Sohn eines Servicemanns und einer Skilehrerin.

Noch vor einer Woche war keinem in der deutschen Herren-Mannschaft zum Scherzen oder Jubeln zumute gewesen. Mit drei teils schwer verletzten Athleten kehrten die Abfahrer aus den USA zurück. Nicht nur deshalb dachte Neureuther auch als Zweiter im Slalom nach dem Moment des Erfolgs gleich an seine Speed-Kollegen: „Das ganze Wochenende war sicher ein Traum, man darf aber nicht vergessen, dass wir ein paar Verletzte haben“, sagte der 28-Jährige. „Ich hoffe, das war ein bisschen eine Gutmachung für die Jungs.“

Groß war die Erleichterung ebenfalls bei Alpin-Direktor Wolfgang Maier, der das „extreme Highlight“ vor dem Damen- Riesentorlauf in St. Moritz zu einem Jubelsprung nutzte. „Der Luitz ist ein extrem schneller Skifahrer, jetzt hat er es einmal unter Beweis gestellt. Dass soll den Stefan jetzt nicht verpflichten, dass er es immer bringen muss“, unterstrich der sportlich Verantwortliche und erinnerte an seine Prognosen, „dass Neureuther und (Fritz) Dopfer aufpassen müssen, weil er irgendwann in der Mitte vorprescht.“

Da Viktoria Rebensburg als Zweite des Riesentorlaufs im schweizerischen Luxus-Skiort sogar für einen dritten Podestplatz an dem Rennwochenende sorgte, erinnerte Maier gleich an ganz große deutsche Alpinzeiten. „Wir bringen in allen Disziplinen gute Leistungen und schaffen es aufs Podium. Und wenn man zurückdenkt, wie viele Jahrzehnte das nicht der Fall war - bis in die 90er oder Ende der 80er Jahre, als Damen und Herren im Wechsel ganz vorne waren.“

In der aktuellen Form darf sich vor allem Neureuther Hoffnungen machen, bei der WM im Februar in Schladming eine lange medaillenlose Zeit in den technischen Disziplinen zu beenden. 1994 sicherte Markus Wasmeier im Riesenslalom mit Olympia-Gold das bislang letzte Edelmetall, bei Weltmeisterschaften war zuletzt Armin Bittner als Slalom-Zweiter 1989 erfolgreich.

Besonders außergewöhnlich waren vergangenes Wochenende die beiden Fahrten unter die Top 4 - was deutschen Riesenslalomfahrern zuletzt 1971 gelang - auch deshalb, weil der eigentliche Anführer des Trios etwas schwächelt. Im Gegensatz zu Neureuther und Luitz hat Dopfer nach der Materialreform noch nicht die optimale Abstimmung gefunden, schied auf der schweren Face de Bellevarde das zweite Mal in dieser Saison aus. „Man muss aufpassen, dass man den Fritz nicht wegfallen lässt, er hat mit seinen Leistungen letztes Jahr die Initialzündung geschafft“, meinte Maier und warnte die Konkurrenz: „Wenn er es in den Griff kriegt, ist er der nächste, der da vorne reinfährt.“