Riesch vor Finalduell mit Vonn: „Ein harter Kampf“
Lenzerheide (dpa) - Noch nie war sie so nah dran wie in diesem Jahr: Maria Riesch ist nur noch vier Rennen davon entfernt, ihr „großes Ziel“ - den Sieg im Gesamtweltcup - zu erreichen. Doch Lindsey Vonn aus den USA liegt nur noch 23 Punkte hinter der Doppel-Olympiasiegerin aus Partenkirchen.
Vor dem Saisonfinale in Lenzerheide in der Schweiz spricht Riesch im Interview der Nachrichtenagentur dpa über den zu erwartenden „harten Kampf“. Zudem klagt sie über mangelnde Aufrichtigkeit ihrer Rivalin: „Das ist unter Freundinnen einfach nicht in Ordnung.“
Ende Februar lagen Sie noch knapp 200 Punkte vor Ihrer Rivalin Lindsey Vonn, jetzt ist der Vorsprung auf 23 Zähler geschmolzen. Wie wichtig ist es, mit der Führung zum Weltcup-Finale angereist zu sein?
Maria Riesch: „Wenn es so eng her geht, macht es fast keinen Unterschied, ob man knapp vorne oder knapp hinten ist. Es kommt drauf an, wie man mit der Situation beim Rennen klarkommt. Es ist auf jeden Fall gut, dass ich trotz teilweiser schlechter Rennen immer noch einen kleinen Vorsprung habe. Aber wenn man schaut, wie viel die Lindsey jetzt in kurzer Zeit aufgeholt hat, dann wird es schon ein harter Kampf.“
Weshalb ist es in den letzten Rennen nicht mehr so gut gelaufen wie zuvor?
Riesch: „In Spindlermühle ist irgendwie gar nichts gelaufen. Wenn so ein bisschen der Wurm drin ist, dann passieren kleine Fehler wie im Slalom einfach leichter. Das muss man jetzt einfach abhaken und nach vorne schauen. Ich muss mich als Führende jetzt wirklich in Lenzerheide auf mich selbst konzentrieren und alles versuchen. Dann wird es hoffentlich klappen.“
Wie wichtig wäre es, Ihrer Rivalin schon bei der Abfahrt ein Schnippchen zu schlagen?
Riesch: „Natürlich wäre es kein Nachteil, mit einer guten Abfahrt zu starten. Das würde mir auch wieder ein bisschen Selbstvertrauen zurückgeben. Aber jedes dieser vier Rennen ist unheimlich wichtig, und abgerechnet wird sicher erst ganz am Schluss.“
Welche Bedeutung hätte der Gesamtweltcup-Sieg denn für Sie?
Riesch: „Es ist seit Jahren ein großes Ziel von mir. Wenn man so eine gute, konstante Saison fährt und ihn so nah vor Augen hat, will man die Chance natürlich nutzen. Ich versuche es so locker wie möglich zu sehen, dann klappt es wahrscheinlich am ehesten - und erzwingen kann man es ohnehin nicht. Wenn es heuer nicht klappt, gibt es vielleicht nächstes Jahr wieder eine Chance. Mein Leben hängt jetzt nicht davon ab, den Gesamtweltcup zu gewinnen.“
Lindsey Vonn hat seit der WM die Favoritenrolle immer ganz weit von sich geschoben und gesagt, dass Sie kaum noch zu schlagen wären. Welche Rolle spielen solche Psycho-Tricks im Finale?
Riesch: „Es ist ja klar, dass sie es soweit von sich weg schieben wollte. Ich konnte sie ja auch auf 100 bis 200 Punkte Abstand halten, und da war es für sie auch leicht zu sagen, dass sie nicht mehr in der Favoritenrolle ist. Aber in Tarvisio hat man schon gemerkt, dass sie ein bisschen anders gesprochen hat. Nach den letzten Ereignissen denke ich aber, dass nun wieder Lindsey die Favoritin ist, da sie speziell in den technischen Disziplinen einfach aufsteigende Tendenz zeigt.“
Zuletzt haben Sie sich mit deutlichen Worten zu der Taktik von Lindsey Vonn, die neuerdings wieder mit einem Schuh ihres alten Ausrüsters fährt, geäußert. Was hat Sie daran besonders geärgert?
Riesch: „Mir ging es von Anfang an nicht aus sportlicher Sicht darum, welchen Schuh sie fährt, sondern nur darum, dass sie es mir gegenüber nicht zugegeben hat, obwohl ich Sie zweimal direkt darauf angesprochen habe. Sie hat es abgestritten, und das ist unter Freundinnen einfach nicht in Ordnung. Ich hatte es schon von mehreren Seiten gehört und habe es in Spindlermühle auch selbst beobachtet, wie sie im Zelt die Schuhe gewechselt hat. Die Schuhe, mit denen sie gefahren ist, hat sie gleich in den Rucksack gepackt.“
Eigentlich erzählt man sich ja unter Freundinnen vieles. Oder ist in einer solchen Duell-Situation alles erlaubt?
Riesch: „Im Endeffekt geht es um die sportliche Leistung, und die muss man so oder so bringen, egal mit welchem Schuh oder mit welchem Ski. Von daher spielt das alles für mich sportlich keine Rolle, es geht hier mehr um Moral, auch unserem gemeinsamen Ausrüster Head gegenüber. Diese Spielchen mit Überlackieren und was sonst gemacht wurde, das ist einfach nicht in Ordnung. Sie könnte es zumindest mir gegenüber zugeben. Wenn wir da unter Freundinnen drüber sprechen, würde ich das ja noch nicht mal öffentlich erwähnen.“