Vollbremsung der Speedkönigin: Vonn nimmt Auszeit
Vail (dpa) - Nun also doch: Lindsey Vonn, viermalige Gesamtweltcupsiegerin, Olympiasiegerin und Star der Damentour, macht eine Pause. Mitten in der alpinen Weltcupsaison, weniger als 50 Tage vor der Ski-Weltmeisterschaft in Schladming, zieht sich die 28-Jährige auf unbestimmte Zeit zurück.
„Ich glaube, dass einige Zeit weg von den Bergen mir helfen wird, die physische Stärke zurückzugewinnen, die ich brauche, um mich auf dem Level zu messen, das ich von mir selbst verlange“, schrieb die Amerikanerin bei Facebook. Wie lange die Auszeit dauern soll? Das bleibt offen.
„Sie wird dann einsteigen, wenn sie wieder hundertprozentig fit ist und auch die Kraft dazu hat, dann den Rest der Saison durchzustehen“, sagte der Trainer des US-Damen-Teams, Alexander Hödlmoser. „Es bringt der Lindsey nichts, wenn sie nur mit der halben Kraft da rumgurkt.“
Schon nach ihrem verkorksten Wochenende in Frankreich hatte Vonn die bevorstehende Pause via Facebook angedeutet. In der Abfahrt von Val d'Isère war sie zuvor erstmals seit Januar 2007 in ihrer Spezialdisziplin ausgeschieden. Zunächst hatte Vonn die Gerüchte über eine Auszeit noch als „sehr störend“ bezeichnet.
Allerdings flog sie nach ihrem Nuller im Riesenslalom von Courchevel am Sonntag nicht zurück nach Österreich, wo sie während des Weltcupwinters wohnt, sondern direkt nach Amerika. Slalom und Riesenslalom an diesem Mittwoch und Donnerstag im schwedischen Are hatte sie damit offensichtlich schon abgehakt. „Nachdem ich mit meiner Familie gesprochen und mich mit meinen Trainern und Betreuern beratschlagt habe, habe ich mich dafür entschieden, im Weltcup eine Pause einzulegen“, teilte sie über das soziale Netzwerk mit.
Mit ihrem jüngsten Interview im US-Magazin „People“ habe ihr Entschluss aber nichts zu tun. Darin hatte sie erstmals von psychischen Problemen berichtet, deren Symptome auf eine Depression hindeuten („Ich fühlte mich hoffnungslos, leer, wie ein Zombie“). Vonn erklärte stattdessen, seit ihrem Krankenhausaufenthalt wegen einer rätselhaften Darmerkrankung Mitte November mit fehlender „Kraft und Energie zu kämpfen“. Hödlmoser sagte: „Sie hat sehr, sehr viel Substanz verloren. Das Problem ist der dichte Weltcupkalender mit der ganzen Reiserei.“
Die Ursachen für die Beschwerden sind wohl nach wie vor unklar, die Folgen nun offensichtlich schwererwiegender als zunächst angenommen. Nachdem die Dosis des Antibiotikums erhöht worden war, hatte Vonn das Krankenhaus nach insgesamt drei Tagen wieder verlassen können. Zwei Wochen später stand sie in Aspen wieder im Starthäuschen, am folgenden Rennwochenende in Lake Louise demonstrierte sie mit drei Siegen in den beiden Abfahrtsläufen und im Super-G ihre Ausnahmestellung in den Speed-Disziplinen. Alles wieder gut, dachten viele.
Tatsächlich läuft in dieser Weltcupsaison einiges anders, als Vonn es lange Zeit gewohnt war. Nach ihrer Trennung von Ehemann Thomas ist nun Schwester Laura ihre ständige Begleiterin. Und sportlich ist in der Slowenin Tina Maze neben Maria Höfl-Riesch eine weitere ernstzunehmende Konkurrentin aufgetaucht, die in der Gesamtwertung inzwischen 385 Punkte Vorsprung auf die Amerikanerin hat.
Im Kampf um die große Kristallkugel sind die kommenden Rennen für Vonn allerdings ohnehin keine sicheren Punktelieferanten. Nach Are wartet zwischen den Jahren in Semmering erneut ein Slalom und ein Riesenslalom. Auch das technische Rennen beim City-Event in München zählt nicht zu Vonns Stärken.
In der Skiszene gab es daher schon am Wochenende die Gerüchte, Vonn werde erst nach dem Slalom in Zagreb wieder an den Start gehen, wenn in St. Anton am 12. und 13. Januar die Abfahrt und der Super-G anstehen. „Ich wünsche allen gesunde und glückliche Feiertage und freue mich darauf, im neuen Jahr auf den Berg zurückzukehren“, beendete Vonn ihren Eintrag. Ein Datum nannte sie nicht.