Außenseiter: Langläufer Angerer will Chance nutzen
Oslo (dpa) - Angriffslust und Lebensfreude sprechen aus den Augen von Tobias Angerer. Der Langläufer hat rechtzeitig vor seinem ersten Auftritt bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Oslo seine Form, vor allem aber sein Selbstbewusstsein wiedergefunden.
„Ich habe ein gutes Gefühl, mal sehen, was passiert“, sagte der Bayer mit Blick auf die Doppelverfolgung über 30 Kilometer am 27. Februar. Gleich der erste Wettbewerb ist die Lieblingsdisziplin von Angerer und daher für ihn Motivation genug, sofort hellwach zu sein.
Noch im Dezember und Januar sah es so aus, als könnte Angerer nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen. Ein unerklärliches Formtief hatte den 33-Jährigen ergriffen. Er stieg aus dem Weltcup aus, erholte sich mitten in der Saison in Portugal. Seine Rückkehr bei der Tour de Ski wurde zum Desaster. Schon beim zweiten Tagesabschnitt in Oberstdorf stieg er wieder aus. „Es war zu früh“, resümierte er jetzt. Es folgte ein Neubeginn. „Das ist bei Tobi nicht ganz so dramatisch, da er über die vielen Jahre genügend Substanz aufgebaut hat, von der er zehren kann“, meinte Bundestrainer Jochen Behle.
Nun ist Angerer zurück. „Ich kann mittlerweile wieder vorn mitlaufen und die Endkampfgestaltung mitbestimmen. Und da ich weiß, dass ich in den vergangenen Jahren Ende Februar, Anfang März immer meine beste Form hatte, kann ich optimistisch sein. Das Gute ist, ich bin jetzt Außenseiter. Schlecht ist, dass ich mit einer hinteren Startnummer ins Rennen gehen und mich sehr schnell vorarbeiten muss, um keinen Angriff zu verpassen“, sagte der Bundeswehr-Hauptfeldwebel aus dem Chiemgau.
Eine Teamtaktik mit Jens Filbrich (Frankenhain), Franz Göring (Zella-Mehlis) und Tom Reichelt (Oberwiesenthal) kann er sich schlecht vorstellen. „Da muss bei allen das Material optimal passen, jeder muss hervorragend über die giftigen Anstiege kommen. Das, was die Schweden vor einem Jahr bei Olympia perfekt gemacht haben, wird so schnell nicht wieder passieren“, bemerkte Angerer, der trotzdem hofft, dass möglicherweise einige Nationen zusammenhalten, um den Norweger Petter Northug aus dem Rennen zu nehmen. „Vielleicht aber übernehmen wir im klassischen Abschnitt selber auch die Initiative“, sagte der Vachendorfer zu den taktischen Überlegungen.
Den verhaltenen Optimismus bei den Herren teilen die Damen vor ihrer 15-Kilometer-Doppelverfolgung am Samstag nicht. „In Top-Form sind wir ja nicht, leider“, sagte Evi Sachenbacher-Stehle aus Reit im Winkl, die wegen einer plötzlich aufgetauchten Nahrungsmittel-Unverträglichkeit nicht ihr volles Leistungsvermögen abrufen kann. „Ich wollte, ich hätte eine bessere Form, aber ich muss es nehmen, wie es ist“, meinte die Teamsprint-Olympiasiegerin von Vancouver. Der Sieg scheint schon vor dem Start vergeben zu sein: Marit Björgen aus Norwegen dürfte wie bei Olympia kaum zu schlagen sein.