Das Ende der Karriere der Claudia Nystad
Oslo (dpa) - Claudia Nystad nimmt endgültig Abschied. Die erfolgreichste deutsche Langläuferin gibt am Sonntag beim Weltcup-Finale in Oslo ihren Ausstand.
Dabei lässt sie es bis unmittelbar vor dem Wettkampf offen, ob sie über 30 Kilomter startet. Die Folgen einer Sturzverletzung vom Jahresbeginn haben sie in eine sportliche Krise geführt. Dennoch geht sie erhobenen Hauptes. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur bestätigt und widerlegt sie Thesen zu ihrem Sportler-Leben.
THESE: Claudia Nystad ist so sportlich talentiert, dass sie in verschiedenen Sportarten Weltklasse geworden wäre.
CHECK: Widerlegt. „Hahaha... ich glaube nicht. Ich vermute, dass ich weder im Basketball einen Blumentopf gewonnen hätte und auch im Schwimmen eher untergegangen wäre“, berichtet Nystad. Mit elf Jahren begann sie leistungsmäßig mit dem Langlauf-Sport und blieb ihm immer treu. „Wahrscheinlich hatte ich dafür genau die richtige Größe und die richtigen Hebelverhältnisse“, vermutet sie.
THESE: Ohne die Einführung der Teildisziplin Sprint wäre Claudia Nystad nicht zur erfolgreichsten deutschen Langläuferin geworden.
CHECK: Bestätigt. „Mag sein“, sagt sie. „Die ersten Erfolge im Weltcup - da rede ich von Top-20-Platzierungen - waren schon auf den kurzen Strecken. Darüber bin ich auch zu Olympia 2002 gekommen, wo dann alles so richtig begann.“ Immerhin wurde sie im Sprint in Salt Lake City 2002 Vierte, vier Jahre später gewann sie in Turin Olympia-Silber. Drei ihrer vier Weltcup-Siege erlief sie auf Kurzdistanzen.
THESE: Mit Claudia Nystad hatten alle Trainer leichtes Spiel, da sie immer wusste, was sie wollte und sich quälen konnte.
CHECK: Bestätigt und widerlegt. „Ja und Nein. Ja, die Trainer hatten leichtes Spiel, aber nur, weil ich nie wusste, was ich wollte. Die meisten haben mich einfach in die Richtung gebogen, wo ich hinlaufen sollte. Wie es im Nachhinein aussieht, hatten sie wohl ziemlich viel Ahnung von Sport“, lobt die Oberwiesenthalerin ihre Coaches.
THESE: Der erste Rücktritt 2010 war eine Flucht.
CHECK: Widerlegt. „Nein, man flüchtet nur, wenn man Angst hat. Aber ich hatte keine Angst - der erste Rücktritt ist aus Energiemangel entstanden. Das Comeback aus Energieüberschuss und der zweite Rücktritt aus Befriedigung und Vernunft“, erklärt sie ihre Beweggründe. Nach dem Teamsprint-Olympiasieg und Staffel-Silber in Vancouver hatte sie kein Rennen mehr bestritten und sechs Wochen danach ihren Rücktritt verkündet. Ihr Comeback 2013 im Alter von 35 Jahren krönte sie dann mit Staffel-Bronze bei Olympia in Sotschi.
THESE: Die Sportler-Jahre 2013 bis 2015 waren die schönsten, weil man alles bewusster und entspannter betreiben und erleben konnte.
CHECK: Bestätigt. „Die vergangenen beiden Jahre waren die intensivsten, weil ich alles leidenschaftlich und konzentriert mitgeplant und gelebt habe. Ich habe in den zwei Jahren mehr über Training gelernt als die 15 Jahre davor“, betont die 37-Jährige. Mit unbändigem Willen kämpfte sie sich zurück, qualifizierte sich sowohl für Sotschi als auch für die WM 2015 in Falun. Ein Sturz bei der Tour de Ski in Oberstdorf und eine daraus resultierende Kopfverletzung bremsten schließlich ihren Angriff auf eine sechste WM-Medaille.
THESE: Claudia Nystad wird auch künftig ein ausgefülltes Leben führen und dabei nur bedingt dem Leistungssport verbunden bleiben.
CHECK: Bestätigt. „Wie sehr ich im Leistungssport hängenbleiben werde, ist derzeit nicht absehbar. Ich weiß, dass ein Leben ohne Leistungssport weitaus emotional ruhiger abläuft, als mit Leistungssport und all seinem Druck und Verpflichtungen... und darauf freue ich mich sehr.“ Ein konkretes berufliches Ziel hat die begabte Hobby-Malerin, studierte Wirtschaftsinformatikerin und Grafik-Designerin noch nicht. Nur eines weiß sie: „Ich werde nicht Trainerin.“