Fragezeichen um Schmitt: Routinier auf Formsuche

Oberstdorf (dpa) - Der Traum von einem Triumph bei der Vierschanzentournee wird sich für Martin Schmitt auch im 15. Anlauf nicht erfüllen.

Im Herbst seiner Karriere hat der viermalige Weltmeister die Weltspitze aus den Augen verloren, die Chancen auf Podestplätze sind trotz eines intensiven Sondertrainings vor Weihnachten gleich null. „Bei der Tournee will ich von Beginn an jeden Sprung nutzen, um noch besser zu werden. Wenn es optimal läuft, kann ich unter die Top 10 kommen. Die Favoriten für den Gesamtsieg sind aber andere“, erklärte Schmitt vor dem Auftaktspringen in Oberstdorf.

Für Bundestrainer Werner Schuster ist der 32-Jährige, der dem deutschen Skisprung mit seinen Erfolgen kurz vor und nach der Jahrtausendwende zu einem längst wieder abgeebbten Boom verhalf, nicht mehr die Nummer 1 im DSV-Team. „Es ist nicht damit zu rechnen, dass er ganz nach vorne springt“, meinte der Chefcoach. Die Kohlen sollen Jüngere, wie Severin Freund oder Pascal Bodmer, aus dem Feuer holen.

Immerhin hat Schuster den einstigen Vorzeigespringer des Deutschen Skiverbandes (DSV), der bei den Fans trotz seiner seit nunmehr fast zehn Jahren anhaltenden Sieglosigkeit immer noch hoch im Kurs steht, nicht ganz abgeschrieben. „Bei Martin bin ich am zuversichtlichsten von den arrivierten Springern, dass er noch die Kurve kriegt. Er ist von seiner richtigen Form zwar noch ein Stück entfernt. Aber früher oder später wird bei ihm der Knopf aufgehen“, sagte Schuster.

Nach einem verkorksten Saisonstart mit Platz 23 in Lillehammer als bisher bestem Ergebnis hatte Schmitt die Tournee-Generalprobe in Engelberg ausgelassen und in Sonderschichten vor den Festtagen verbissen um seine Form gekämpft. Wie weit er dabei vorangekommen ist, wird sich am 28. Dezember in der Qualifikation für das Auftaktspringen in Oberstdorf zeigen. „Ich habe mich vor allem mit Anfahrt, Absprung sowie der ersten Flugphase beschäftigt und dabei wieder Sicherheit und Vertrauen in den Sprung bekommen“, berichtete Schmitt.

Auch mit der Materialabstimmung ist er zufrieden. Nun muss Schmitt das alles nur noch auf der Schanze umsetzen. „Er hat einen intensiven Prozess durchlaufen, das Training wird sich auswirken. Für uns alle wäre es natürlich am angenehmsten, wenn dies schon bei der Vierschanzentournee der Fall ist. Wie weit es noch für vordere Plätze reicht, müssen wir abwarten“, erklärte Schuster.

Der Bundestrainer weiß, dass er beim ersten Saison-Höhepunkt nicht nur auf die Jugend setzen kann. „Wir werden die Arrivierten noch brauchen, ohne sie geht es noch nicht“, räumte er ein. Dies trifft vor allem auf Schmitt zu. Sportlich ist der Mannschafts-Olympiasieger von 2002 vielleicht zu ersetzen, als Aushängeschild einer ganzen Sportart garantiert noch nicht.

Schmitt schätzt seine Situation sehr realistisch ein. „Ich kriege schon mit, was über mich geredet wird. Ich weiß aber, was ich für meinen Sport und meine Entwicklung getan habe. Ich zerfließe deshalb nicht im Selbstmitleid, sondern schaue nach vorne“, sagte der Routinier.

Wunderdinge verspricht er den Fans nicht, denn mit zunehmendem Alter fällt es ihm immer schwerer, mit den Jüngeren mitzuhalten. „Ich sehe ja auch im Training, dass es nicht so läuft. Und ich merke: Andere sind besser, der Abstand ist groß - da kommen dann gleich die Zweifel. Um einen kompletten, wettkampftauglichen Sprung zu haben, muss ich hart arbeiten“, sagte Schmitt. An ein Karriereende verschwendet er trotzdem keinen Gedanken: „Ich habe für mich schon entschieden, dass ich nach dieser Saison nicht aufhöre.“