Freitag fliegt ins Glück: „Besonderer Sieg“
Oberstdorf (dpa) - Nach dem Happy-End im Skisprung-Krimi von Oberstdorf schwebt Richard Freitag auf Wolke sieben zur WM.
Mit dem zweiten Karrieresieg beim Skiflug-Weltcup im dichten Schneetreiben von Oberstdorf tankte der 21-Jährige mächtig viel Selbstvertrauen für die am Mittwoch beginnenden Titelkämpfe, wo Freitag erneut aufs Podium springen will. „Ich hoffe, dass mir dieser Erfolg noch einmal einen Schub für die WM gibt. Das Ziel ist eine Medaille“, erklärte der Sachse.
Als am Samstagabend zum zweiten Mal in seiner Karriere auf der Anzeigetafel die 1 aufleuchtete, wurde der eher introvertierte Freitag von den Emotionen gepackt. Erst entlud sich seine Anspannung in einem lauten Jubelschrei, dann riss Deutschlands Medaillenhoffnung seine Ski freudetrunken in den Abendhimmel.
„Die letzte Zeit war etwas schwierig für mich. Umso glücklicher bin ich, dass ich heute ganz oben stehe. Der zweite Karrieresieg ist etwas ganz Besonderes für mich. Dass er vor heimischem Publikum und beim Skifliegen passiert ist, tut schon richtig gut“, schilderte Freitag seine Gefühle nach dem Coup im Allgäu.
Bei der hochklassigen und extrem spannenden Flugshow verwies der Hobby-Gitarrist mit Weiten von 209 und 206,5 Meter den Norweger Andreas Stjernen um die Winzigkeit von 0,3 Punkten auf Platz zwei. Weltcup-Spitzenreiter Gregor Schlierenzauer aus Österreich lag als Dritter nur 0,8 Zähler zurück. Severin Freund auf Platz neun und Michael Neumayer als Zehnter rundeten das glänzende Abschneiden der DSV-Springer ab.
„Das ist riesig und gibt definitiv einen Extra-Schub für die WM. Speziell dem Richie, der zwar ein Allrounder ist, seine Stärken aber eher auf den kleineren Schanzen hat“, frohlockte Bundestrainer Werner Schuster und fügte ein Extra-Lob für den von 12 500 Fans gefeierten Sieger hinzu: „Er hat eine Qualität, die ich noch nie von ihm gesehen habe. Er springt momentan wie gemalt.“
Der Coach hatte im Finale gepokert und den Anlauf für Freitag, der als letzter Springer oben stand, verkürzt. „Er springt am höchsten ab, deshalb habe ich mich für die Anlaufverkürzung entschieden. Ich denke, wir haben alles richtig gemacht“, erklärte Schuster. Freitag blieb ganz cool und legte eine Punktlandung hin: „Der Trainer hat diese Entscheidung getroffen. Als Athlet kann man da nur mitgehen. Ich habe gelernt, Ruhe zu bewahren, und daraus meine Stärke gezogen.“
Der Senkrechtstarter der Vorsaison war seiner Topform in diesem Winter lange hinterhergelaufen. „Er hat etwas länger gebraucht, sich auf die neuen Anzüge umzustellen und seinen Rhythmus zu finden“, erklärte Schuster. Rechtzeitig zur WM hat Freitag nun zur alten Stärke zurückgefunden. „Der Weg, den ich in letzter Zeit gegangen bin, hat sich als richtig erwiesen. Das habe ich mir heute noch einmal bestätigt“, sagte Freitag.
Ganz nebenbei übertrumpfte er seinen Vater Holger in der internen Familienwertung. Der hatte vor 30 Jahren in Harrachov, wo Freitag junior am 11. Dezember 2011 der Premierensieg gelungen war, seinen einzigen Weltcuperfolg gefeiert. „Wir haben uns aber nie darum duelliert. Ich denke, er wird sich mitfreuen. Wenn ich zu Hause bin, werden wir das feiern“, erklärte Freitag.