Freund vor finalem Showdown entspannt - Prevc glänzt
Planica (dpa) - Coole Sonnenbrille, Kopfhörer und Turnschuhe: Severin Freund saß wie ein Tourist entspannt in der Frühlingssonne von Planica und wartete 90 Minuten lang vergeblich auf die Freigabe der mächtigen Flugschanze.
Dann packte der Weltcup-Spitzenreiter, der an diesem Freitag als dritter deutscher Skispringer die Große Kristallkugel gewinnen kann, seine Sachen und gönnte sich im Teamhotel lieber ein gutes Mittagessen. „Das Warten liegt mir nicht“, begründete Freund seinen Verzicht auf die wegen Problemen in der Anlaufspur um drei Stunden verschobene Qualifikation.
Am Fernseher auf seinem Hotelzimmer konnte sich Freund davon überzeugen, dass Verfolger Peter Prevc den Kampf trotz eines Rückstandes von 94 Punkten noch nicht verloren gegeben hat. In der Ausscheidung flog der Lokalmatador unter dem Jubel der Fans auf die Tagesbestweite von 238,5 Metern.
Dennoch kann Freund vor dem Showdown mit Sloweniens Topspringer offenbar nichts erschüttern. „Bei zwei Wettkämpfen kann noch viel passieren. Peter ist ein Superflieger und wird noch mal angreifen. Da muss ich meine besten Sprünge bringen, um gegenzuhalten“, sagte der Weltmeister zwar. „Aber es macht umso mehr Spaß, wenn du als Gesamtführender dabei was gewinnen kannst.“
Den drittplatzierten Österreicher Stefan Kraft, der schon 175 Punkte zurückliegt, hat Freund dagegen nicht mehr auf der Rechnung: „Ich glaube nicht, dass bei Prevc und mir gar nichts aufgeht.“ Kein Wunder, springt Freund seit Wochen doch perfekt wie ein Uhrwerk. Zuletzt gelangen ihm vier Siege in Serie. Damit stockte er seine Bilanz auf 18 Weltcuperfolge auf und zog mit Sven Hannawald gleich.
Von den deutschen Springern standen nur Jens Weißflog (33 Siege) und Martin Schmitt (28) öfter ganz oben auf dem Podest. Auch der Triumph im Gesamt-Weltcup war bislang nur diesen beiden Skisprung-Legenden vergönnt. Weißflog gewann 1983/84, Schmitt 1998/99 und 1999/2000 sogar zweimal.
Für Freund wäre es trotz Olympia-Gold im Team sowie den WM-Titeln im Skifliegen und auf der Großschanze das Größte, in diesen illustren Kreis aufgenommen zu werden. „Der Gesamt-Weltcup ist das Größte, was du gewinnen kannst. Es war nicht mein Ziel, das schon in dieser Saison zu schaffen. Aber jetzt bin ich in der Lage dazu, deshalb werde ich alles dafür geben“, versprach der 26-Jährige am Donnerstag.
Im Training, als die Spur noch hielt, sprang er 216 und 225,5 Meter weit. „Vor allem der zweite Versuch war schon ganz in Ordnung“, stellte Freund zufrieden fest. Danach sammelte sich bei frühlingshaften Temperaturen und zunehmender Sonneneinstrahlung immer wieder Wasser in der Anlaufspur, so dass die Jury des Weltverbandes FIS den Beginn auf 14.00 Uhr verschob.
Da saß Freund längst im Hotel. In der Ausscheidung überzeugte von den DSV-Springern vor allem Richard Freitag, der mit 223,5 Metern Rang fünf belegte. „Ich will hier ein paar schöne Flüge genießen“, sagte der Sachse. Nebenbei drückt er seinem Zimmerkumpel die Daumen: „Ich glaube, Severin kriegt das ins Ziel. Er hat es drauf.“
Es müsste schon einiges schiefgehen, um das Gelbe Trikot noch zu verspielen. Selbst wenn Prevc zweimal gewinnen sollte, würden Freund schon ein dritter und ein vierter Platz zum Gesamt-Triumph reichen. Mit Mathematik wollte sich der neunmalige Saisonsieger im Vorfeld aber nicht beschäftigen, auch wenn er alle Trümpfe in der Hand hält. „Es ist doch toll, wenn es bis zum Schluss spannend ist. Natürlich habe ich einen Vorteil, aber es ist noch nichts entschieden.“