Polizei will keine Vermummung 12 000 Teilnehmer bei „G20 - Welcome to Hell“

Hamburg (dpa) - Die Ansage klingt martialisch: „Smash G20 - Welcome to the Hell of St. Pauli“ - also: Zerschlagt G20 - Willkommen in der Hölle von St. Pauli.

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So steht es auf einem großen Transparent an der Spitze der Demonstration, zu der sich etwa 12 000 Menschen bei strahlendem Sonnenschein auf dem Hamburger Fischmarkt versammeln.

Die Szenerie ähnelt zunächst aber eher einem gelassenen Stadtteilfest. Auf einer Bühne am Hafenrand werden mehr oder weniger aufmerksam verfolgte Reden gehalten, Bands spielen auf, darunter die szene-bekannten Goldenen Zitronen. Ein Sprechchor ertönt: „A-, A-, Anticapitalista“. Ansonsten abwarten.

Die Polizei ist in den Straßen rund um Fischmarkt, Hafenstraße und Reeperbahn mit zahlreichen Beamten, Wasserwerfern und Räumpanzern präsent. Ein Hubschrauber knattert in der Luft. Stundenlang sitzen oder stehen die Demonstranten in der Sonne. Plötzlich brandet Jubel auf. Vor der Kaikante zieht ein Schnellboot mit Antifa-Flagge ein paar Runden. Vier schwarz gekleidete Gestalten stehen in Siegerpose auf dem Schlauchboot. Zwei Polizeiboote stoppen die maritimen Antifaschisten und begleiten sie elbaufwärts.

Die Linksautonomen rund um ihr Zentrum „Rote Flora“ haben als Veranstalter angekündigt: „Im Gegensatz zur bürgerlichen Opposition werden wir den Herrschenden keine Alternativen vorschlagen, um das kapitalistische System am Leben zu erhalten.“ Ihr Motto lautet schlicht: „G20-Gipfel blockieren, sabotieren, demontieren!“ Als Vorgeschmack brannten bereits mehrere Polizeiautos in der Stadt.

Einige Geschäfte rund um den Fischmarkt haben ihre Fenster mit Spanplatten geschützt. Überall kleben „No G20“-Aufkleber und an einem Laden die Bitte: „Spare our store!“ (Verschont unseren Laden).

Die Polizei rechnete mit 8000 gewaltbereiten Demonstranten. Wobei unklar war, wie sich die aus anderen Ländern wie Griechenland, Frankreich oder Skandinavien angereisten Autonomen verhalten werden. Sie langen erfahrungsgemäß härter zu als die laut Verfassungsschutz etwa 1100 Menschen umfassende Hamburger linksextreme Szene.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hatte vor der Demonstration angekündigt, dass die Polizei gegebenenfalls hart durchgreifen würde. „Wir werden dort sehr auf einen friedlichen Verlauf achten. Und wenn es dort aus der Versammlung heraus zu Störungen kommt, dann wird es auch eine polizeiliche Reaktion darauf geben.“ Wie genau die aussehen könnte, ließ er offen. Ebenso beantwortete er nicht die Frage, was genau denn unter einer Störung zu verstehen sei.

Trotz der massiven Sicherheitsbedenken wurde die Demonstration „Welcome to Hell“ ohne weitere Auflagen genehmigt. Dabei soll sie vom Fischmarkt über die Reeperbahn bis etwa 300 Meter an die Messehallen, den Veranstaltungsort des Gipfels, heranführen. Also so nah wie wohl keine andere der insgesamt rund 30 angekündigten Demonstrationen.

Gegen 19 Uhr startet der Demonstrationszug. Wasserwerfer bringen sich in Position. Nach wenigen Metern wird der Marsch wird gestoppt. Es gebe eine nicht unerheblich Zahl von Vermummten, sagt die Polizei. Tatsächlich haben sich viele Demonstranten Tücher vor das Gesicht gebunden. Die Polizei fordert Journalisten und Unbeteiligte auf, die Straße zu verlassen. G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde - er gilt als Verfechter einer harten Linie - hatte schon vor Wochen erklärt, dass er Vermummungen nicht zulassen werde. „Das dürfen wir auch gar nicht.“