Ärger über Lammert wegen Rederecht für EFSF-Kritiker

Berlin (dpa) - Bundestagspräsident Norbert Lammert hat sich wegen des Rederechts für zwei Euro-Rettungsschirm-Gegner aus der Koalition Ärger eingehandelt.

Lammert (CDU) hatte die Abgeordneten Klaus-Peter Willsch (CDU) und Frank Schäffler (FDP) während der Aussprache über den EFSF unabhängig von der Redezeit für Union und FDP jeweils fünf Minuten sprechen lassen. Sie gehören zu den 15 Abweichlern der Koalition.

„Das ist eine völlig neue Praxis, von der wir nicht überzeugt sind“, sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier. Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke sagte: „Ich vermute, der Bundestagspräsident hat die Redebeiträge der beiden nach vorn gezogen, um diese Meinung darzustellen, die sonst nur noch die Linke vertreten hat.“ Kritiker hätten das Recht zu reden - aber im Anschluss an die Debatte etwa in persönlichen Erklärungen.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte: „Bislang lag es im Verantwortungsbereich der Fraktionen, abweichende Meinungen im Rahmen ihres Redezeitkontingents zuzulassen oder die Abgeordneten auf das Recht zur Kurzintervention oder der Erklärung zur Abstimmung zu verweisen.“ Privilegien seien nicht zu rechtfertigen. Linksfraktionschef Gregor Gysi sagte: „Das hat es noch nie gegeben. Ich finde es nicht richtig.“

Der Ältestenrat befasste sich daraufhin mit dem Fall, wie der Bundestag am Donnerstag bestätigte. Nun soll der Geschäftsordnungsausschuss beraten, wie künftig in solchen Fällen zu verfahren ist.

Seitens des Bundestagsverwaltung wurde auf das „Handbuch für die Parlamentarische Praxis“ von Heinrich G. Ritzel, Josef Bücker und Hermann Josef Schreiner verwiesen, nach der redewilligen „Abweichlern“ in jedem Fall das Wort zu erteilen sei. Daher bleibt laut diesem Kommentar nur die Möglichkeit, die Aussprache entsprechend zu verlängern: „Der Präsident ist dazu ungeachtet eines zur Festlegung der Dauer der Aussprache gefassten Bundestagsbeschlusses berechtigt und verpflichtet.“