Analyse: Benedikt feuert die Jugend an
Freiburg (dpa) - Den Kontakt mit der Jugend schätzt der zurückhaltende frühere Theologieprofessor. Sie sind seine Hoffnung für einen Weg in die Zukunft des Glaubens. Freiburg knüpft so an den Weltjugendtag an.
In Madrid vor einem Monat fegt ein Sturm ihm fast das Manuskript fort, der Papst kann seine Rede an die Jugend im Regen nicht halten. Jetzt, in Freiburg, setzt Benedikt XVI. das fort, was ihm bei der Gebetswache auf dem Weltjugendtag nicht vergönnt war - er wendet sich an die Internet- und Facebook-Generation, in der er eine Zukunft des Glaubens und seiner Kirche sieht. „Ich habe mich den ganzen Tag auf diesen Abend gefreut“, eröffnet der 84-Jährige seine Rede auf dem Messegelände. Und das Wetter spielt prima mit.
Die Gottsuche, die sich wie ein roter Faden durch die Ansprachen des Papstes bei seinem Deutschlandbesuch zieht, muss der Pontifex auch im Breisgau an die Jugend bringen: Neuevangelisierung in jenen Ländern, die sich aus seiner Sicht schmerzlich weit vom Glauben und der Religion entfernten, hat er sich auf die Fahnen geschrieben. Und der Jugend gilt dabei seine Hoffnung. Sie sollen „Lichtbringer“ sein, ja, so etwas wie „glühende Heilige“ in einer oftmals unheiligen Zeit.
Benedikt mag den Kontakt mit jungen Leuten - und viele junge Gläubige mögen den diskreten Charme des zurückhaltenden Deutschen. Wie ernst sie seine strengen Worte wirklich nehmen, ist eine andere Frage, aber er erspart sie ihnen nicht: „Der Schaden der Kirche kommt nicht von ihren Gegnern, sondern von den lauen Christen.“ Deshalb sollten sie brennen, was viele in der Elterngeneration, vielleicht ausgebrannt, einfach nicht mehr können.
Doch muss ihm die Diskrepanz bewusst sein, dass so viele junge Leute sich in ihrer Lebensführung nicht an ihm ausrichten, wie ein „Votum“ vor der Gebetswache mit aufblasbaren farbigen Tüten bewies.
Im Schein unzähliger Lichter geißelt er Egoismus, Neid und Aggression. Er mahnt die Jugend, das Böse in sich selbst zu suchen, wobei die Liste aller Übel in der Welt „draußen“ auch für ihn schon unerträglich lang ist. Der technische Fortschritt macht die Welt auch nicht besser, das muss er der IT-Generation vielleicht doch schon mal sagen. Krieg, Terror, Hunger, Armut und Unterdrückung, das Repertoire auf der Bühne des Bösen kann Benedikt in der Tat allzeit problemlos verlängern. In Freiburg warnt er jene Jungen, die ihn (und mit ihm) fröhlich feiern, vor den falschen Heilsbringern und den Diktatoren.
Dabei liebt Benedikt, wie er bekundet, die besondere Atmosphäre der Ruhe, Gemeinschaft und inneren Freude, wie ihn eine abendliche Gebetswache oder auch ein ganzer Weltjugendtag vermitteln. Aber er hat es irgendwie eilig, seine Botschaft für die Zukunft von Kirche und Glauben einzubringen: Die jungen Menschen sollen in Deutschland seine Leuchten der Hoffnung sein - diszipliniert und eben bitte nicht „lau“.