Analyse: CDU verliert an Rückhalt und hat doch Hoffnung

Berlin (dpa) - Der Wahlabend beginnt schlecht für die CDU von Kanzlerin Angela Merkel. Sozusagen mit einem Fiasko.

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Aufstöhnen bei den Gästen im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, als auf den Bildschirmen die Balken für die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) aus dem Nichts in die Höhe schnellen. Nur einmal gibt es Beifall - als die Verluste für die Linke in Sachsen-Anhalt deutlich werden. Ansonsten Schweigen.

Diese Resultate müssen erst einmal sacken: Hinter den Grünen im CDU- Stammland Baden-Württemberg. Mit unter 30 Prozent hat der Spitzenkandidat Guido Wolf mit Abstand das bisher schlechteste Ergebnis der Südwest-CDU eingefahren (bisher 36 Prozent 1952). In Rheinland-Pfalz wurde die CDU mit der Spitzenkandidatin und Hoffnungsträgerin Julia Klöckner nach monatelangem Vorsprung doch noch deutlich von der SPD überholt.

Und in Sachsen-Anhalt ist die CDU von Ministerpräsident Reiner Haseloff zwar stärkste Kraft geworden - wird aber Schwierigkeiten haben, eine Regierung zu bilden, weil er mit Linken und AfD nicht will, und die Fortsetzung der schwarz-roten Koalition wegen des Absturzes der SPD voraussichtlich nicht klappt. Er braucht einen dritten Partner - Grüne oder FDP - deren Einzug in den Landtag am Abend zunächst aber nicht sicher war.

Noch vor wenigen Monaten frohlockten CDU-Mitglieder, der Aufstieg der AfD könne den Christdemokraten zu zwei zusätzlichen Ministerpräsidenten in Stuttgart und Mainz verhelfen. Denn die CDU werde wie bei den Wahlen 2011 in den beiden Ländern stärkste Kraft - und ohne sie sei dann keine Regierungsbildung möglich. Weit gefehlt. Die AfD ist so stark in die drei Landtage eingezogen, dass die anderen Parteien Mühe haben, Bündnisse zu schmieden.

Die drei Wahlen gelten auch als bundesweiter Stimmungstest für Merkels Flüchtlingspolitik. Seit Beginn der Flüchtlingskrise und der Willkommenskultur der Kanzlerin hat es keine Abstimmung darüber im Bundestag gegeben. Und bisher auch keine Landtagswahl. Mit gleich drei Wahlen in drei Flächenländern hat Merkel nun ein Meinungsbild.

Aber was ist die Lehre? Eine Analyse, die in der CDU-Zentrale kursiert, ist diese: Klarer Wahlsieger in Baden-Württemberg ist der Grüne Winfried Kretschmann, in Rheinland-Pfalz ist es Malu Dreyer von der SPD. Beide haben Merkels Flüchtlingspolitik gestützt - während sich Guido Wolf und Julia Klöckner im Wahlkampf-Schlussspurt von Merkel abgesetzt haben. So etwas schätzen CDU-Leute nicht, heißt es. Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte erklärt am Abend im ZDF, es zeige sich ein paradoxes Verhalten. Wer Merkel stärken wollte, habe sich bei Kretschmann und Dreyer besser aufgehoben gefühlt.

„Es gibt viel Schatten für alle“, bilanziert der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer. Er meint damit die Wahlerfolge der AfD. In anderen Ländern - etwa Schweden, das lange vor Deutschland die Türen für Flüchtlinge geöffnet hatte - haben Regierungschefs seit längerem Erfahrungen mit Parteien am rechten Rand. Nun muss sich auch Merkels CDU damit befassen, die gemeinsam mit der CSU eigentlich nie eine demokratisch legitimierte Partei rechts von sich entstehen lassen wollte.

CSU-Chef Horst Seehofer dürfte die Wahlergebnisse als Bestätigung werten, dass Merkel die Deutschen mit ihrer Flüchtlingspolitik überfordert habe. Merkel aber bleibt bei ihrer Linie: keine Obergrenze, keine nationalen Alleingänge, sondern eine europäische Lösung. Am Donnerstag wird sie dafür wieder in Brüssel beim EU-Gipfel kämpfen, wenn es um Vereinbarungen mit der Türkei geht.

Merkels CDU hat an diesem Sonntag, den 13., eine herbe Niederlage erlitten. Um 18.36 Uhr tritt CDU-Generalsekretär Peter Tauber in der Zentrale ans Mikrofon. Wie fast immer mit einem Lächeln im Gesicht und fröhlicher Stimme. Dass Merkel als Reaktion auf das Erstarken der AfD ihren Flüchtlingskurs korrigieren müsse, verneint er entschieden. Von Niederlage spricht er nicht. Er sagt: „Es ist ein wirklich spannender Wahlabend, der gerade begonnen hat.“ Er sagt es nicht so deutlich, aber es schwingt mit: Die CDU kann theoretisch ja auch der kleinere Koalitionspartner in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden. Rot-Grün und Grün-Rot sei jedenfalls passé.