Analyse: Der ewige Mubarak
Berlin/Kairo (dpa) - Als Husni Mubarak im Oktober 1981 in Ägypten an die Macht kam, sah die Welt noch anders aus. Der Bundeskanzler hieß Helmut Schmidt, die USA hatten Ronald Reagan als Präsidenten und im Kreml saß sogar noch Leonid Breschnew.
Alle längst Geschichte.
Mubarak aber, an dem es nach der Ermordung seines Vorgängers Anwar al-Sadat anfangs viele Zweifel gab, ist bald drei Jahrzehnte später immer noch im Amt.
Für den Westen wurde Mubarak in dieser Zeit zum wichtigsten Verbündeten in der arabischen Welt. Ägypten - neben Jordanien das einzige Land der Region, das diplomatische Beziehungen mit Israel unterhält - entwickelte sich im Nahen Osten zum einflussreichen Vermittler. Bis heute laufen über Kairo auch die Bemühungen für eine Aussöhnung zwischen den verschiedenen Flügeln der Palästinenser.
Mit Fundamentalkritik an den innenpolitischen Zuständen in Ägypten hielt sich die internationale Gemeinschaft deshalb zurück. Erst jetzt erinnert man sich wieder daran, dass dort nun auch schon seit 1981 der Ausnahmezustand gilt. Oder daran, dass in ägyptischen Gefängnissen vermutlich etwa 10 000 politisch Verfolgte einsitzen. Auch Mubaraks Überlegungen, seinen Sohn Gamal zum Nachfolger zu machen, nahm man lange Zeit unwidersprochen hin.
Nach dem Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali hat sich die Tonlage geändert. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Mittwoch: „Wir erkennen in diesen Wochen, dass die Stabilität eines Landes nicht durch die Gewährung von Bürgerrechten gefährdet ist, sondern durch die Verweigerung.“ Ägypten spiele eine „konstruktive Rolle“ im Friedensprozess. Aber auch dort müssten „Grundrechte und Grundfreiheiten“ Geltung haben. Dies habe er bei Gesprächen in Kairo auch früher schon „immer und immer wieder“ betont.
Auch die Europäische Union und die USA riefen Mubarak zu politischem Wandel auf. Die „Sehnsüchte“ der Menschen auf den Straßen müssten ernst genommen werden. Die Außenminister der Europäischen Union wollen am nächsten Montag über das weitere Vorgehen beraten. Aus Berlin gibt es dazu ein Papier, in dem es - bislang nur mit Blick auf Tunesien - heißt: „Der Übergang vom alten zu einem neuen System wird einen Präzedenzfall für die ganze Region darstellen. Die EU ist berufen, diesen Prozess zu unterstützen.“
Der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) verlangt sogar eine völlig neue EU-Strategie für Ägypten und seine arabischen Nachbarn. „Welche Fehler Europa im Umgang mit den autoritären Regimes in dieser Region auch immer gemacht hat: Jetzt kann es diese durch entschlossene Hilfe korrigieren.“ Die Europäer sollten beim Aufbau von Demokratie jetzt „nicht kleckern, sondern klotzen“.
Für eine Neubestimmung könnte auch wichtig sein, dass der ägyptische Einfluss auf der internationalen Bühne in den vergangenen Jahren abgenommen hat. Nach fast 30 Jahren Mubarak-Herrschaft ist das Land kein Modell mehr für die arabische Welt. In den Friedensbemühungen zwischen Israelis und Palästinensern gab es schon lange mehr keine Fortschritte. Und langsam gewöhnt man sich an den Gedanken, dass die Ära Mubarak schneller zu Ende gehen könnte als erwartet.