Analyse: Durchbruch für Piraten

Berlin/Düsseldorf (dpa) - Mit dem Erfolg in Nordrhein-Westfalen hat die Piratenpartei ihren Durchbruch auch auf bundespolitischer Ebene geschafft. Diese Partei bleibt, sie ist kein vorübergehendes Phänomen, alle anderen müssen auch künftig mit der Protestbewegung rechnen.

Der Einzug auch in den Bundestag scheint nur noch eine Frage des Wahldatums. „Die Piratenpartei ist angekommen im Parteien- und Parlamentssystem und ist eine ernstzunehmende Partei geworden“, sagt ihr Vorsitzender Bernd Schlömer am Sonntagabend. „Die Dynamik ist so, als ob wir schon drin sind“, meint der Berliner Abgeordnete Christopher Lauer.

Knapp hundert Piraten haben sich in Berlin auf dem Gelände des alten Tempelhofer Flughafens versammelt, bei Flaschenbier, Grillwürstchen und Nudelsalat auf Papptellern ist die Wahlparty noch sehr weit entfernt von den Ritualen der etablierten Parteien. Fast schon routinierter Jubel bei der ersten Prognose für das erwartete gute eigene Ergebnis, höhnisches Gelächter über die Zahlen der CDU, Buh-Rufe für die wiedererstarkte FDP.

Zeitgleich verfolgen mehrere hundert Piraten in einem Jugendzentrum in Düsseldorf die ersten Hochrechnungen. Über den Wahlerfolg zeigen sie sich erfreut, aber nicht besonders überrascht. Unübersehbar sind sie froh, dass ihnen in Nordrhein- Westfalen die Rolle des Königsmachers oder des Züngleins an der Waage erspart bleibt. Ihr NRW-Spitzenkandidat Joachim Paul kündigt konstruktive Oppositionsarbeit an. „Die Wählerinnen und Wähler haben sich entschieden, einen Schuss Chili in den Landtag zu wählen. Der werden wir sein.“

Und doch geht die Bedeutung des Piratenerfolgs weit über NRW hinaus. Der Berliner Abgeordnete Pavel Mayer verspricht, dass sich die Parlamentarier aus den nun vier Landtagen künftig inhaltlich koordinieren wollen. „Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Professionalisierung“, sagt Mayer. Auch über Bundesratsinitiativen denkt die Partei nach. Und darüber, wie sie die finanziellen Mittel in Millionenhöhe für die Fraktionsarbeit nutzen will.

Zufrieden über das Ergebnis an Rhein und Ruhr sind die Piraten aber auch aus einem anderen Grund. Das Gespenst einer großen Koalition wird nicht zur Realität, und damit wird auch der Vorwurf entkräftet, eine Stimme für die Piraten nutze vor allem der CDU oder führe zwangsläufig zu einem schwarz-roten Bündnis. Schon in Kiel hat sich dieses Szenario nicht bewahrheitet, und in Düsseldorf nun auch nicht.

Das Ergebnis in Nordrhein-Westfalen hilft den Piraten vor allem, sich weiter als eigenständige politische Kraft zu etablieren. „Wir werden viel Spaß haben bis zur Bundestagswahl“, sagt Lauer in Berlin.