Analyse: Merkel verteidigt Libyen-Politik
Berlin (dpa) - Deutschland wegen seiner Libyen-Enthaltung isoliert? Die Kanzlerin will davon nichts wissen. Merkel verweist auf deutsche Unterstützung für die US-Truppen und bei den Awacs-Aufklärungsflugzeugen in Afghanistan.
Trotzdem gibt es auch in der Union weiter Kritik.
Auch wenn keine deutschen Soldaten dabei sind: Der Verlauf der Kämpfe in Libyen wird von der Bundesregierung genau verfolgt. Nicht nur, weil sich Kanzlerin Angela Merkel die UN-Resolution zum Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi inzwischen zu eigen gemacht hat. Dies sei „jetzt auch unsere Resolution“, sagte die CDU-Chefin am Montag in Berlin. Vom Ausgang der „Odyssey Dawn“ („Odyssee Morgendämmerung“) hängt auch ab, wie das Urteil über die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat letztlich ausfallen wird.
Bei einem schnellen Erfolg der internationalen Truppen wäre die Entscheidung, dem Militäreinsatz gegen Gaddafi als einziges EU- und einziges Nato-Mitglied die Zustimmung zu verweigern, wohl noch schwieriger zu rechtfertigen. Aber im Umkehrschluss gilt: Je länger sich die „Odyssee“ hinzieht, desto einfacher wird es, die deutschen Bedenken zu erklären.
Heute aber sind Merkel und Außenminister Guido Westerwelle noch sehr damit beschäftigt, dem Eindruck entgegenzutreten, die Bundesregierung stehe international alleine da. Der FDP-Chef Westerwelle verzichtete am Montag sogar auf die Teilnahme an der nach-wahltäglichen Sitzung seiner Parteigremien, um die deutsche Position in Brüssel zu erläutern. Als Beispiele für Länder mit ähnlich kritischer Haltung nennt sein Amt Staaten wie Polen, die Türkei oder Bulgarien.
Zeitgleich wies die Kanzlerin nach Beratungen der CDU-Spitze in Berlin überaus deutlich darauf hin, dass die Bundesregierung trotz des „Jeins“ ihren Teil zur erfolgreichen Umsetzung der UN-Resolution 1973 beitragen wolle. Zum einen, indem die amerikanischen Stützpunkte in Deutschland in die Aktion „eingemeindet“ würden, wie Merkel formulierte: In der Tat werden die Luftangriffe vom Afrika-Kommando der US-Streitkräfte bei Stuttgart gesteuert.
Zum anderen will das Kabinett am Mittwoch beschließen, dass sich deutsche Soldaten künftig an Awacs-Aufklärungsflugzeugen über Afghanistan beteiligen. So sollen die Nato-Partner, die beim Libyen-Einsatz dabei sind, entlastet werden. Am Donnerstag könnte bereits der Bundestag über das neue Mandat abstimmen - rein zeitlich wäre dies ein Rekord. Die SPD als größte Oppositionspartei signalisierte bereits Zustimmung.
Trotzdem ist der Unmut, den es auch in Berlin über die deutsche Enthaltung an vielen Stellen gibt, noch längst nicht verhallt. Auch in der Union sind viele der Meinung, dass Deutschland der UN-Resolution durchaus hätte zustimmen können, ohne die Bundeswehr in den Einsatz zu schicken. Selbst in CDU-Präsidium und -Vorstand musste sich Merkel am Montag Widerspruch anhören. Bei der CSU in München waren die Töne nicht viel anders.
Und der CDU-Vorsitzenden ist klar, dass manche Kritik, die an ihrem Außenminister geäußert wird, auf sie selbst gemünzt ist. Zum Beispiel, wenn sich einige beschweren, dass die Obleute der Bundestags-Fraktionen über die Enthaltung nicht vorab eingeweiht wurden. Vielleicht stellte sie auch deshalb klar: „Der Außenminister und auch ich persönlich haben uns dieses Abstimmungsverhalten sehr gut überlegt.“
Die Befürchtung, dass mit der Enthaltung die deutschen Chancen auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat dahin sind, wird in der Bundesregierung übrigens nicht geteilt. Westerwelle verweist jetzt ständig darauf, dass sich im Sicherheitsrat auch Brasilien und Indien der Stimme enthielten - zwei der engsten Partner beim Bemühen, dauerhaft ins wichtigste UN-Gremium zu kommen. Noch so ein Beleg dafür, dass Deutschland keineswegs isoliert ist.