Analyse: Piraten am Ziel - Einzug in Landtag geschafft

Kiel (dpa) - Ausgelassene Stimmung am Wahlabend bei den Piraten in Kiel. Jubelschreie, Applaus, Menschen fallen sich um den Hals - und es gibt Freibier.

Schon nach den 18-Uhr-Prognosen ist klar, dass die Partei nach den Erfolgen in Berlin und dem Saarland ihren Siegeskurs fortsetzt und wie erwartet in das dritte Landesparlament einzieht. „Das ist gigantisch“, sagt Pirat Wolfgang Dudda, Listenplatz 2, bei der Wahlparty. Er verweist auf das Ergebnis bei der Landtagswahl vor drei Jahren: 1,8 Prozent. Eine Regierungsbeteiligung schließen die Piraten in Schleswig-Holstein aus. „Aber wir werden bei allem, was vernünftig ist, mitmachen und nicht im Weg stehen“, verspricht Dudda.

Rick Falkvinge, der als Mitbegründer der weltweiten Piratenbewegung gilt, ist eigens aus Schweden angereist und feiert mit: „Die deutsche Piratenpartei hat ihre Fähigkeit gezeigt, Wahlen zu gewinnen, und zwar unter den verschiedensten Bedingungen“, sagt er. „Die rund fünfzig Piratenparteien weltweit gucken jetzt auf die deutsche Piratenpartei, um sich inspirieren zu lassen (...) denn sie perfektioniert das 'Rezept' der Piraten“, so Falkvinge. Worin das genau besteht, sagt er nicht.

Birgitt Piepgras freut sich über den Erfolg besonders. Mit ihrem Sohn Torge Schmidt (23) und ihrem Mann Hans-Heinrich Piepgras (Landesvorsitzender der Piraten), machte sie Wahlkampf. Alle drei standen auf der Landesliste. „Ich hoffe, dass wir jetzt unsere Themen einbringen können“, sagt Piepgras. Um sie herum leuchtet es Orange - die Piratenfarbe prangt auf T-Shirts, Luftballons und Flaggen und gehört nun zum politischen Spektrum auch im Norden.

Wenn die Piraten jetzt noch am 13. Mai in Nordrhein-Westfalen siegen, kann die junge Partei mit viel Rückenwind Kurs auf die Bundestagswahl 2013 nehmen.

Für die Regierungsbildung in Bund und Ländern hat dies voraussichtlich weitreichende Konsequenzen, nimmt es doch den etablierten Parteien Wind aus den Segeln. Bleiben die Piraten in der Opposition, werden die Mehrheiten für Bündnisse jenseits einer großen Koalition knapp bis unmöglich. Sollten sie tatsächlich in einer Regierung mitmachen, ist fraglich, wie lange so ein Bündnis hält. Nicht nur im Norden lehnt die Partei den Fraktionszwang ab. Damit entscheidet der einzelne Piraten-Abgeordnete, ob er etwa einen Kandidaten zum Ministerpräsidenten wählt oder nicht.

Die Piraten haben dazu allerdings ihre eigene Sicht: „Die Piratenpartei hat Zuströme aus allen Parteien. Wir fördern nicht große Koalitionen“, sagt der neue Bundesvorsitzende Bernd Schlömer bei der Wahlparty in Kiel. Eine Regierungsbeteiligung der Piraten in Bund und Ländern schließt er nicht aus. Ob die Partei inhaltlich wie strukturell schon entsprechend aufgestellt ist, darüber gehen die Meinungen allerdings auch an der eigenen Basis noch auseinander.