Analyse: Kubicki rockt die FDP
Berlin (dpa) - Hurra, wir leben noch: „8,5 Prozent“ blinkte nach den Prognosen von ARD und ZDF auf den Flachbildschirmen im Thomas-Dehler-Haus auf. Jubelnd lagen sich Liberale in den Armen.
„Kubicki vor“, brüllte ein junger Mann. Sieben Mal war die FDP seit 2011 in den Ländern gedemütigt worden. Wolfgang Kubicki, der „Ego-Shooter“ der Liberalen, hat nun geliefert und die FDP erlöst. Monatelang hatte die Partei gezittert und gehofft, dass Kubicki irgendwie über 5 Prozent kommt. Und jetzt diese Zahlen.
Neun Minuten nach den Prognosen kam Generalsekretär Patrick Döring auf die Bühne. Er blieb cool, ließ sich nicht zu triumphalen Gesten hinreißen: „Wolfgang Kubicki hat mit seiner Mannschaft einen überzeugenden Wahlkampf geführt.“ Kiel habe gezeigt, dass die FDP mit Themen wie Wachstum, Haushalt und Schule das Vertrauen der Bürger wieder gewinnen könne. Nun könne die Partei „ruhig, geschlossen und entschlossen“ die kommende Woche bis zur NRW-Wahl gestalten.
Ein Wink mit dem Zaunpfahl an jene Liberale, die am Wochenende mit Putschgerüchten gegen Parteichef Philipp Rösler Unruhe stifteten. Als Döring von der Bühne ging, stimmten die Anwesenden „Happy Birthday“ an. Der Niedersachse feierte am Sonntag seinen 39. Geburtstag.
Bundestags-Fraktionschef Rainer Brüderle schwärmte über Kubickis Ergebnis: „Das ist die Trendumkehr für die FDP!“ Jedem in der Zentrale war aber klar, der Star des Abends hieß Kubicki. Der schillernde Strafverteidiger mit dem eisgrauen Haar hat die FDP an der Förde im Alleingang gerettet. Sein Einfluss in der Bundespartei wächst enorm.
„Wählen Sie doch, was Sie wollen!“ - dieser Macho-Spruch des 60-Jährigen kam im Norden bestens an. „Kubicki zieht die Wähler wie rotes Gummi“, meinte ein Meinungsforscher. Bei Rösler bleibt etwas anderes hängen: Nur noch 16 Prozent der Bürger finden den Minister und Vizekanzler gut - Schlusslicht aller Spitzenpolitiker.
Rösler steht jetzt ganz im Schatten von Kubicki, Brüderle und Christian Lindner. Der gilt als Versprechen auf eine bessere FDP-Zukunft, findet nicht nur Altmeister Hans-Dietrich Genscher. Der Kubicki-Triumph soll jetzt Lindner in Düsseldorf vielleicht in eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen katapultieren. Dort könnte der 33-Jährige gestalten - bis seine Zeit gekommen ist, um in Berlin die ganze FDP zu übernehmen.