Analyse: Warum die Bahn bei Wetterkapriolen anfällig ist

Berlin (dpa) - Schon bevor die erste Schneeflocke zu Boden fiel, hatte Bahnchef Rüdiger Grube die Erwartungen gedämpft. Ja, das Schienenunternehmen bemühe sich, „den Winter besser zu managen“. Aber nein, er wolle auch nichts Falsches versprechen.

„Wir haben nach wie vor eine Schwachstelle mit der Verfügbarkeit der ICE-Flotte.“ Die Zwischenbilanz nach drei Wochen Schnee und Eis, kurz vor dem Weihnachtsfest, ist ernüchternd und zeigt: Die Bahn hat noch andere Problemzonen, die sie auch mit größerem Personal- und Materialeinsatz bislang nicht in den Griff bekommt.

Ursache für die Verspätungswelle und Zugausfälle sind zweifelsfrei die großen Schneemengen, die seit Anfang Dezember immer wieder vom Himmel fallen. Umstritten bleibt die Antwort auf die Frage, ob der bundeseigene Konzern sich besser hätte wappnen und so die Zahl der Pannen hätte verringern können. Ulrich Homburg, bei der Bahn im Vorstand für den Personenverkehr verantwortlich, spricht von den „seit Jahren intensivsten Wintervorbereitungen“.

Zwei gravierende Schwächen kann die Bahn aber nicht ad hoc beheben. Zum einen hat sie zu wenige ICE-Züge zur Verfügung. Das ist eine Langzeitfolge der häufigeren Ultraschallkontrollen, die nach einem Achsbruch 2008 notwendig wurden. Bevor die Wartung beginnen kann, müssen vereiste Wagen im Werk stundenlang aufgetaut werden. Neu konstruierte Achsen werden erst 2012 und 2013 in die ICE eingebaut.

Zum anderen ist das Schienennetz nicht optimal gerüstet. Es mangelt an Weichenheizungen, die ein Blockieren bei Eis und Schnee verhindern. Eine Nachrüstungsaktion für 700 Weichen wird erst Ende 2011 beendet sein, entfaltet ihre volle Wirkung also erst im nächsten Winter.

Verkehrspolitiker von SPD und Grüne sehen Versäumnisse, die Jahre zurückreichen. So erneuert der Grünen-Politiker Winfried Hermann Vorwürfe des vergangenen Winters, die Vorbereitung auf den 2008 geplanten und dann abgesagte Börsengang sei an vielem schuld. „Beim Personal und bei der Wartung wurde drastisch gespart“, so Hermann in der „Rheinischen Post“. Grube hat einen solchen Zusammenhang schon im Sommer bestritten, als es um defekte Klimaanlagen ging.

Bahnmanager Homburg jedenfalls fühlt das Unternehmen zu Unrecht an den Pranger gestellt: „Keine Frage, die Situation ist weder für unsere Kunden noch für unsere Mitarbeiter einfach“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Aber wenn man die Probleme im Auto- und Flugverkehr betrachtet, schlagen wir uns vergleichsweise gut.“

Seine Mitarbeiter brächten täglich 7,3 Millionen Fahrgäste in Bus und Bahn ans Ziel, sagt Homburg und schiebt das x-te Pardon nach: „Ich entschuldige mich bei all denjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist.“ In ganz anderer Weise wurden die Reisenden eines Eurocitys von Dresden nach Berlin am Dienstag um Verzeihung gebeten. Vor dem Bahnhof Berlin-Südkreuz blieb der Zug stehen, „weil wir fünf Minuten zu früh dran sind“. Erst der kurze Halt machte die pünktliche Einfahrt in den Hauptbahnhof möglich.