Anleihekäufe: Welche Möglichkeiten EFSF und ESM haben

Frankfurt/Main (dpa) - Die Rufe nach Unterstützung am Anleihemarkt für die bedrängten Euro-Schwergewichte Spanien und Italien werden lauter. Die Risikoprämien für Staatstitel der Länder haben eine kritische Höhe erreicht, die Geldaufnahme wird immer teurer.

Neben der Europäischen Zentralbank (EZB) sind zuletzt die Euro-Rettungsfonds von Politikern und Notenbankern ins Gespräch gebracht worden, um durch Anleiheaufkäufe die Renditen und damit den Zinsdruck von Krisenländern zu senken. Das Regelwerk von EFSF und ESM sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor - allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.

BEDINGUNGEN FÜR EINGRIFFE: Voraussetzung, damit die Rettungsfonds zugunsten eines Landes am Anleihemarkt intervenieren, ist ein formeller Antrag auf Unterstützung. Im Gegenzug muss die Regierung mit den Euro-Partnern Auflagen aushandeln und sich verbindlich verpflichten, diese zu erfüllen. Die Vereinbarungen über ein solches Anpassungsprogramm werden in einem sogenannten „Memorandum of Understanding“ festgehalten. Es ist nicht zwingend notwendig, unter den Euro-Rettungsschirm zu schlüpfen, um Unterstützung zu erhalten. Dennoch müssen Regierungen Reformen zusichern, deren Umsetzung auch überwacht wird.

ROLLE DER ZENTRALBANK: Die EZB hat im Rahmen ihres Anleihekaufprogramms seit Frühjahr 2010 Staatspapiere von Krisenländern im Volumen von mehr als 200 Milliarden Euro aufgekauft. Seit März hält die Notenbank jedoch still. Die Anleihekäufe der Währungshüter sind aufgrund der Nähe zur Staatsfinanzierung höchst umstritten. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass sich führende Notenbanker wie das französische EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeure dafür stark machen, dass EFSF und ESM die undankbare Aufgabe übernehmen. Allerdings bleibt die Notenbank auch bei Interventionen der Rettungsfonds eingebunden: Die Grundlagen und Empfehlungen für die Markteingriffe sollen von der EZB kommen.

KÄUFE AM SEKUNDÄRMARKT: Am Zweitmarkt für Staatsanleihen werden Schuldverschreibungen gehandelt, die bereits begeben, also unter Investoren versteigert wurden. Auch Privatanleger können sie dort kaufen. Die Kurse der Papiere entwickeln sich spiegelbildlich zu den Renditen, die der effektiven Verzinsung für Anleger entsprechen. Je kritischer die Bonität eines Staates bewertet wird, desto tiefer sinkt der Kurswert der Anleihe. Im Gegenzug steigt die Rendite und die darin enthaltene Risikoprämie - also der Aufschlag, den Anleger gegenüber Titeln verlangen, die als sicher gelten. EZB oder Rettungsfonds wären in der Lage, die Renditen durch Käufe im großen Stil zu drücken. Allein die Ankündigung solcher Maßnahmen kann schon einen psychologischen Effekt haben und zu Entspannung an den Märkten führen.

KÄUFE AM PRIMÄRMARKT: Am Erstmarkt versteigern Staaten Schuldverschreibungen, meist in Form von neuen Anleihen. Die Kosten, die den Ländern bei der Geldaufnahme entstehen, ergeben sich also in einem Auktionsverfahren. Spanien und Italien mussten zuletzt immer mehr Zinsen bieten, um an neue Mittel zu kommen. Experten fürchten, dass diese Größenordnungen nicht lange durchzuhalten sind. Durch die derzeit diskutierten Eingriffe am Sekundärmarkt könnten auch die Kosten bei der Erstausgabe von neuen Anleihen reduziert werden, da beide Märkte eng miteinander zusammenhängen. Allerdings hätten EFSF und ESM sogar die Möglichkeit, die Schuldtitel von Krisenländern direkt aus erster Hand zu kaufen. Eine Option, die für die EZB tabu ist und sicherstellen würde, dass die Refinanzierungsbedingungen sich auch wirklich entspannen.