Beben vor Sumatra versetzt Millionen in Angst
Jakarta (dpa) - Gleich zwei sehr starke Erdbeben vor der indonesischen Insel Sumatra haben innerhalb weniger Stunden Millionen Menschen rund um den Indischen Ozean in Angst und Panik versetzt. Erinnerungen an die Katastrophe von Ende 2004 wurden wach.
Doch diesmal blieben die Menschen vom Schlimmsten verschont. Die nach den beiden Beben ausgelösten Tsunami-Warnungen konnten nach wenigen Stunden wieder aufgehoben werden. Der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono sagte: „Wir danken Gott.“
Die erste Erschütterung und das fast gleichstarke Nachbeben zwei Stunden später gehörten ihrer Stärke nach zu den heftigsten Erdbeben der vergangenen Jahre. Millionen Menschen, darunter viele Urlauber, waren deshalb in Alarmbereitschaft. Viele Menschen flohen vor möglichen Flutwellen in höher gelegene Gebiete, auch auf der thailändischen Ferieninsel Phuket.
Dass es nicht zu meterhohen Wellen kam, erklärten Experten damit, dass es nur waagerechte Erdbewegungen gab. „Wenn sich der Meeresboden nur horizontal bewegt, werden deutlich weniger Wassermassen in Bewegung gesetzt“, sagte Rainer Kind vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam.
Die Seismologin Prof. Christine Thomas von der Universität Münster erklärte, es sei diesmal keine Platte abgesackt. „Bei dem großen Erdbeben 2004 ist die Indische Platte abgetaucht.“ Dadurch habe der Meeresboden plötzlich eine Delle gehabt.
Die Beben vom Mittwoch hatten eine Stärke von 8,6 und 8,2, wie die US-Erdbebenwarte mitteilte. Das erste ereignete sich demnach um 15.38 Uhr (Ortszeit Sumatra), also 10.38 Uhr MESZ, das zweite um 17.43 Uhr (12.43 Uhr MESZ). 2004 hatte das Beben einen Wert von 9,1 erreicht. Die Wellen danach rissen etwa 230 000 Menschen in den Tod.
„Das Erdbeben ereignete sich am Nachmittag, viele waren bei der Arbeit“, sagte Erhard Bauer, der die Delegation des Deutschen Roten Kreuzes in Indonesien leitet, über die Ereignisse vom Mittwoch. „Viele Menschen konnten sich gut informieren und haben auch sofort auf die Tsunami-Warnung reagiert.“
In der Provinzhauptstadt Banda Aceh auf Sumatra rannten Menschen panisch auf die Straße, Sirenen heulten, Tausende machten sich mit Auto oder Moped auf die Flucht. Nach anfänglichem Schock reagierten die Menschen aber mit Fassung.
Die deutsche Entwicklungshelferin Ramona Thiele in Banda Aceh sagte der Nachrichtenagentur dpa, sie habe bei ihrer Fahrt durch die Stadt weder Verletzte noch Schäden gesehen. Die meisten Geschäfte hätten nach den Erdstößen geschlossen, sagte sie am Telefon. Der Strom sei ausgefallen. „Wir sind alle in Panik rausgerannt“, sagte Timbang Pangaribuan dem Radiosender Elshinta aus Medan auf Sumatra.
Indonesien hob am Mittwochabend (Ortszeit) seine Tsunamiwarnung auf. Nach Angaben der Erdbebenwarte gab es lediglich kleinere Wellen entlang der Küste Sumatras und auf vorgelagerten Inseln.
Schon zuvor hatte das Tsunamiwarnzentrum auf Hawaii Entwarnung für sämtliche Länder rund um den Indischen Ozean gegeben. Es hatte nie eine direkte Tsunamiwarnung herausgegeben, die Behörden in den Ländern aber zu erhöhter Aufmerksamkeit aufgerufen. Es habe nur eine Flutwelle von etwa 60 Zentimetern gegeben, teilte das Zentrum mit. Die Experten verwiesen aber darauf, dass es örtlich je nach Topographie (Bodengestalt) besondere Bedingungen geben könnte.
Erneut habe sich das mit deutscher Beteiligung entwickelte Tsunami-Warnsystem in Indonesien bewährte, hieß es von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die Alarmkette stehe, es gebe Evakuierungspläne und Schutzzonen, die Menschen wüssten, was sie bei einer Warnung zu tun hätten, sagte der GIZ-Krisen-Präventionsexperte Michael Siebert. Ein Sprecher des Bundesforschungsministeriums in Berlin sagte, vier Minuten nach dem Beben vor Sumatra seien die ersten Warnungen gesendet worden.
Das erste Beben am Mittwoch hatte sein Zentrum rund 435 Kilometer südwestlich von Banda Aceh in etwa 22 Kilometern Tiefe, das zweite rund 620 Kilometer entfernt, in 16 Kilometern Tiefe. Die Stadt Banda Aceh war 2004 fast völlig zerstört worden. Damals kamen allein auf Sumatra 170 000 Menschen ums Leben.
An der thailändischen Westküste mit der beliebten Ferieninsel Phuket wurden die Touristen dazu aufgerufen, die Strände zu räumen. Auch der Flughafen von Phuket wurde vorübergehend geschlossen. Allein in Thailand kamen nach dem Tsunami 2004 mehr als 5000 Menschen ums Leben, darunter viele ausländische Touristen.