Berlins SPD-Regierungschef Müller

Berlin (dpa) - Wenn Berlins Regierungschef lächelt, ziehen sich seine dünnen Lippen zu einer langen, fast schnurgeraden Linie. Er lacht eher mit den Augen. Überhaupt trägt Michael Müller (SPD) seine Emotionen im Gesicht.

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Wenn er unter Druck steht, verrät ihn das. Schmallippigkeit werfen ihm die Leute dann vor, nicht nur im wörtlichen Sinn. Das weiß der 51-Jährige - aber so sei er nun mal, sagt er dann: natürlich, bodenständig, ungeschminkt.

Nach seinem von Verlusten geprägten Wahlerfolg sieht sich Müller mit einem Regierungsauftrag ausgestattet. Im Amt ist er seit Dezember 2014, als sein Vorgänger Klaus Wowereit zurücktrat. Doch außerhalb der Hauptstadt kennen noch immer wenige seinen Namen.

Zu Beginn seiner Amtszeit schnellten Müllers Beliebtheitswerte in die Höhe, er bekam mehr Zustimmung als es Wowereit jemals schaffte. Inzwischen jedoch spürt auch Berlins beliebtester Politiker Ernüchterung.

Kritiker werfen dem gebürtigen Berliner vor, er sei genauso unscheinbar wie sein Name. Dabei kann der 51-Jährige, der wie Wowereit eine lange Karriere in der SPD vorzuweisen hat, auch ganz anders sein. Nachtragend, sagt man ihm nach, oft hintenherum und sehr strategisch.

Wenn es mit dem guten Regieren nicht klappt, weil seine Senatoren Probleme aussitzen, fallen auch harte Worte. Als Sozialsenator Mario Czaja (CDU) nur zögerlich auf steigende Flüchtlingszahlen reagierte, platzte dem Regierenden der Kragen. Genauso, als die CDU der Homo-Ehe nicht zustimmen wollte. Jedes Mal jedoch schreckte er vor der letzten Konsequenz, dem Bruch der Koalition, zurück.

In der Berliner SPD ist Müller vor allem an der Basis verwurzelt. Er hat ein feines Gespür für die normalen Leute. In der Kultur - im Nebenamt war Müller bisher auch Kultursenator - wehte ihm nach personellen Entscheidungen an Theatern und beim Staatsballett der Wind heftig ins Gesicht.

Inzwischen ist er seit 20 Jahren Abgeordneter, war 10 Jahre Fraktionschef, der zweitmächtigste Mann in der damals rot-roten Koalition, dann drei Jahre Stadtentwicklungssenator und nun eineinhalb Jahre Regierungschef. Auch den SPD-Landesvorsitz holte er sich zurück, nachdem er 2012 schmerzhaft gestürzt wurde.

Der Druckersohn aus Tempelhof mit der großen, runden Brille hat bewiesen, dass er ein Stehaufmännchen ist. Als der Bausenator den Volksentscheid über Wohnungsbau auf dem Tempelhofer Feld verlor, stand er wieder auf, machte stoisch weiter, kämpfte sich durch.

Der Regierende ist ein Frühaufsteher - und gleichzeitig Spät-ins-Bett-Geher. Früher traf man den zweifachen Vater rudernd auf Berliner Gewässern. Inzwischen müssen Fitnessstudio und ab und an ein Stadionbesuch reichen.