Bessere Mütterrente nicht für alle
Berlin (dpa) - Ältere Mütter mit nur kurzen Babypausen und überdurchschnittlichem Arbeitseinkommen werden von der verbesserten Mütterrente ab Juli dieses Jahres wenig oder gar nicht profitieren. Zumindest dann, wenn sie neu in Rente gehen.
Einen entsprechenden Bericht der „Berliner Zeitung“ bestätigte das Bundesarbeitsministerium. Betroffen sind besser verdienende Frauen, die bereits ein Jahr nach der Geburt ihres Kindes wieder einer Erwerbstätigkeit nachgingen - wie dies vor allem in der DDR üblich war. In diesen Fällen wird der Rentenanspruch aus dem damaligen Einkommen mit der Mütterrente verrechnet. Damit entgehen den Betroffenen im Osten bis zu knapp 320 Euro brutto jährlich, im Westen sind es maximal gut 340 Euro. Über die Jahre kann sich das zu knapp fünfstelligen Summen addieren.
Im Bundesarbeitsministerium wurde dies mit Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen verteidigt: „Es geht um Nachteilsausgleich, nicht um Überkompensierung“, hieß es. Die Mütterrente diene dazu, jene Zeiten auszugleichen, in denen Frauen ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Kindererziehung eingeschränkt oder unterbrochen haben.
Der Sachverhalt ist kompliziert: Nach der geltenden Rechtslage können Rentenansprüche nur bis maximal zur jährlichen Beitragsbemessungsgrenze erworben werden. Diese Grenze wird jährlich entsprechend der Einkommensentwicklung festgelegt und in Renten-Entgeltpunkte umgerechnet.
Wer durchschnittlich verdient, bekommt einen Rentenpunkt. Wer deutlich mehr verdient, bis zu zwei Punkte. Im Jahr 1972 etwa waren maximal 1,54 Entgeltpunkte möglich. Wer damals das Anderthalbfache des Durchschnittseinkommens hatte, erwarb 1,5 Rentenpunkte. Damit ist für Aufbesserungen wie die Mütterrente praktisch keine Luft mehr.
Geplant ist, Frauen, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen, vom 1. Juli an zwei Rentenpunkte - statt bisher einem - gutzuschreiben. Ein Rentenpunkt im Osten entspricht dann 26,39 Euro im Monat, im Westen 28,61 Euro. Da aber für die Erziehungsjahre nur so viele Rentenpunkte angerechnet werden, wie ein Arbeitnehmer maximal hätte erzielen können, ist die Anrechnung in jedem Fall gedeckelt: Gutverdiener müssen sich mit Teilbeträgen begnügen oder gehen ganz leer aus.
Das Ministerium argumentiert andersherum: Der zusätzliche Rentenpunkt werde immer nur dann nicht voll oder gar nicht auszahlt, wenn Frauen nach der Geburt wieder früh gearbeitet und dann auch sofort gut verdient haben.
Dass vor allem Ost-Frauen betroffen sind - Schätzungen sprechen von bis zu zwei Millionen - liegt daran, dass in der DDR rund 90 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter arbeiteten und meist nach einer einjährigen Babypause wieder in den Beruf zurückkehrten. Folglich arbeiteten die allermeisten Frauen im Osten im zweiten Jahr nach der Geburt wieder und erzielten ein Einkommen. Im Westen dagegen lag die Frauenerwerbsquote in den 60er-Jahren laut Bericht unter 20 Prozent und erreichte 1989 lediglich 37 Prozent.
Für Unmut sorgen dürfte auch, dass für Frauen, die vor dem 30. Juni schon Rente beziehen, die neue Mütterrente unabhängig vom früheren Verdienst angesetzt wird. Begründet wird dies damit, dass dies bei „Bestandsrentnerinnen“ schon bei einer früheren Reform so praktiziert wurde. Im aktuellen Fall müssten rund neun Millionen Renten neu berechnet werden. Damit wäre die Rentenversicherung nach Ansicht von Experten aber lange Zeit lahmgelegt.