BND-NSA-Affäre: Fakten, Verantwortung, Vermutungen
Berlin (dpa) - Führt der Bundesnachrichtendienst (BND) ein unkontrollierbares Eigenleben? Ist Recht gebrochen worden? Ist der BND vom umstrittenen US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) gelinkt worden?
In der BND-NSA-Affäre sind viele Fragen offen.
Was wird dem BND vorgeworfen?
Nach einer fast 13 Jahre alten und bis heute geltenden Vereinbarung spioniert der BND im bayerischen Bad Aibling auch im Auftrag der NSA Satellitenkommunikation in Krisengebieten wie Afghanistan, Mali oder Somalia aus. Dabei haben die US-Behörden auch nach Erkenntnissen des BND wohl fast von Beginn der Spionageaktion im Sommer 2005 an entgegen den Vereinbarungen Suchbegriffe übermittelt, die deutsche und europäische Interessen schädigen.
Kritiker halten den Verantwortlichen im BND und im Kanzleramt als dessen Aufsichtsbehörde vor, das Vorgehen der Amerikaner stillschweigend geduldet oder in Kauf genommen zu haben.
Warum arbeiten BND und NSA zusammen?
Deutsche Sicherheitsbehörden sagen, zur Terrorbekämpfung sei eine solche Kooperation unerlässlich.
Was ist in der Vereinbarung zwischen BND und NSA festgelegt?
Der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla hatte 2013 gesagt, das Abkommen von 2002 lege fest, „dass zwischen dem BND und der NSA Daten ausgetauscht sowie Programme und Methoden zur Erfassung entwickelt werden sollen“.
Wie funktioniert die Satellitenspionage?
Die NSA liefert Dateien mit Suchbegriffen, sogenannten Selektoren. Dabei geht es um Email-Adressen, Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern, aber auch um Begriffe, die zu Terroristen und Islamisten führen sollen. Der BND überprüft, ob die Rechte Deutscher oder europäische und deutsche Interessen verletzt werden.
Von 2008 bis heute ist beim BND die Computerliste mit abgelehnten NSA-Begriffen auf 40 000 Selektoren gewachsen. Allein bei einer Sonderprüfung nach den Snowden-Enthüllungen sind davon vor zwei Jahren 2000 bedenkliche Selektoren entdeckt worden. Ein BND-Unterabteilungsleiter soll die Informationen nicht weitergegeben haben. Nach Schätzungen der Grünen hat die NSA Hunderttausende Begriffe übermittelt, vielleicht Millionen.
Wer wusste wann Bescheid?
Im BND fiel kurz nach Beginn der Abhöraktion mit der NSA im Sommer 2005 auf, dass die Amerikaner mit Suchbegriffen nach Informationen etwa über EADS oder Eurocopter forschen wollten. Erst 2008 soll der BND das Kanzleramt informiert haben. Auch im März 2010 soll der BND laut „Bild“ erneut NSA-Aktivitäten ans Kanzleramt gemeldet haben.
Wann wurde die Spitze des Kanzleramts hellhörig?
Offiziell wird beteuert, erst im Zusammenhang mit Nachforschungen, die der NSA-Ausschuss anstellen ließ. Als die Abgeordneten weiteres Material anforderten, seien im März neue Erkenntnisse ans Licht gekommen. Als Konsequenz kritisierte das Kanzleramt öffentlich technische und organisatorische Defizite beim BND.
Gibt es personelle oder andere Konsequenzen?
Noch nicht. Es wird aber nicht ausgeschlossen, dass BND-Präsident Gerhard Schindler seinen Posten räumen muss.