Branche wirft Regierung Versagen bei Energiesparen vor
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung legt bei der Energiewende nach Meinung der Effizienzbranche viel zu sehr das Augenmerk auf neue Netze und Kraftwerke.
„Jedes neue Kraftwerk, jeder neue Meter Netz und jeder neue Speicher, in die investiert wird, spiegelt sich auf den Energierechnungen von Verbrauchern und Unternehmen wieder“, sagte Christian Noll, Vorstand der Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) der Nachrichtenagentur dpa. „Während den Haushalt jede verbrauchte Kilowattstunde inzwischen rund 25 Cent kostet, würde jede eingesparte Kilowattstunde nur 5 Cent kosten, dafür aber dauerhaft die Energiekosten senken.“
Auch der nach langem Streit ausgehandelte Kompromiss zwischen Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) zu EU-Vorschlägen für mehr Energieeinsparung werde nur wenig bewirken. „Der Text ist aus unserer Sicht eine Leerformel“, sagte Noll. Der Vorschlag der EU-Kommission habe zuvor zielgerichtet auf Energieeinsparung bei den Endverbrauchern abgezielt. „Dieses Element fehlt jetzt völlig.“
Der Kompromiss soll heute (Mittwoch/09.30) vom Kabinett abgesegnet werden, er soll Mitgliedsstaaten die Wahl lassen, ob sie Energie sparen oder die Effizienz um zwei Prozent jährlich verbessern, etwa durch mehr Gebäudesanierung. „Noch hat Deutschland einen Anteil von 17 Prozent am Weltmarkt für energieeffiziente Produkte, wir haben in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, zum Beispiel bei Kühl- und Gefrierschränken und bei Dämmstoffen.“ Diese Unternehmen fänden aber zunehmend attraktivere Investitionsbedingungen im Ausland, so Noll.
„Definitiv sehen wir an dieser Willenlosigkeit der Regierung, dass dies auf Kosten der Verbraucher gehen wird.“ Die Energiekosten würden immer weiter steigen. Das Thema und sein Potenzial bleibe leider für Verbraucher und Politik oft unsichtbar, da man es zum Beispiel mit einer energiesparenden Heizungspumpe zu tun habe, die im Keller vor sich hin laufe, aber die Kosten deutlich senke. „Ich habe nicht einen Windpark, den ich als Politiker mit einem Scherenschnitt einweihen kann“, sagte Noll. Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) setze sich scheinbar lieber bei der Einweihung neuer Straßen in Szene, als sich mit der energetischen Gebäudesanierung zu profilieren.
Noll wandte sich gegen Pauschalurteile, die den Sinn einer besseren Dämmung bezweifeln. „Es gab ja schon Aussagen, dass wir im Land der Dichter und Dämmer leben oder die Häuser eine Burka bekommen sollen.“ Es gebe in Deutschland die Kompetenz, für jedes Haus sinnvolle und individuelle Lösungen umzusetzen. Durch unklare Rahmenbedingungen für die Sanierungsförderung gebe es aber bereits einen deutlichen Nachfrageknick.