Hintergrund Brandschutz im Londoner Grenfell Tower in der Kritik

London (dpa) - Die Ursache des Brandes im Londoner Hochhaus Grenfell Tower ist noch unbekannt. Aber die Kritik an den Brandschutzmaßnahmen wird lauter. Bewohner des Hauses berichteten in britischen Medien, es habe in dem Haus keinen Feueralarm gegeben.

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Einige Mieter wurden demnach erst durch Rauchmelder in den Wohnungen wach. Das Gebäude wurde erst vor Kurzem modernisiert.

Die britische Feuerschutzvereinigung (FPA) schrieb in einer Stellungnahme, dass grundsätzlich einige Dämmmaterialien zu leicht entflammbar seien. Dadurch könne ein Brand vom Erdgeschoss eines Hochhauses bis zum Dach übergreifen. Ob das auch für den Grenfell Tower gelte, sei nicht klar. Nach Ansicht der FPA sind aber die baulichen Vorschriften in Großbritannien derzeit generell nicht ausreichend, um Brände zu verhüten.

Einen schärferen Ton schlug Jon Hall an, ein britischer Brandschutz-Experte. Er nannte den Brand im Grenfell Tower einen Unfall, wie er in der „Dritten Welt“ vorkomme. „Alle Bestandteile der Feuersicherheit und des Gebäudemanagements“ müssten versagt haben, vermutete er auf Twitter.

Auch Dieter Räsch, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, zeigt sich verwundert über das Ausmaß des Außenbrandes. „Die Außenfassade brennt offensichtlich sehr stark ab. Bei Hochhauskonstruktionen, wie wir sie hier in Deutschland haben, wäre das eher nicht zu erwarten.“

Die deutsche Brandschutz-Professorin Sylvia Heilmann hält es im Gespräch mit der dpa für unverantwortlich, dass möglicherweise brennbare Materialien in einem Hochhaus eingesetzt worden sein könnten. „In Deutschland dürften brennbare Dämmplatten an Hochhäusern nicht verbaut werden“, sagt Heilmann, die auch an der TU Dresden lehrt.

Die Folgen wären ansonsten verheerend. „Wenn es in einem Hochhaus einen Brand gibt und der auf die brennbare Dämmung übergreift, ist eine unkontrollierte Brandausbreitung zu befürchten.“ Hierzulande gebe es deshalb ein Prüfsystem: ein Ingenieurbüro sei für die Planung und die Ausführung zuständig, ein davon unabhängiger Prüfingenieur für die Kontrolle im sogenannten Vier-Augen-Prinzip.

Die Baufirma Rydon reagierte schockiert auf den Hochhausbrand in London. Sie war für die Sanierung des 24-stöckigen Grenfell Towers zuständig. Alle erforderlichen Kontrollen, Bestimmungen im Brandschutz und sonstigen Sicherheitsstandards seien eingehalten worden, teilte die Firma am Mittwoch mit.