China streckt die Hand aus: Hilfe für Europa

Dalian/Berlin (dpa) - Im Augenblick der größten Not will China dem hochverschuldeten Europa mit neuen Investitionen zur Hilfe eilen.

Sein Land sei bereit, „eine helfende Hand auszustrecken“ und mehr in den europäischen Ländern und den USA zu investieren“, sagte Ministerpräsident Wen Jiabao am Mittwoch zum Auftakt des Weltwirtschaftsforums in Dalian. Gleichzeitig forderte er „mutige Schritte“ der Europäer gegenüber China, insbesondere die Gewährung des Status als Marktwirtschaft. Er hoffe auf einen „Durchbruch“ schon auf dem nächsten EU-China-Gipfel am 25. Oktober.

Eine Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft würde dem Riesenreich Vorteile in Handelsstreitigkeiten geben. Von den USA forderte Wen Jiabao mehr Offenheit gegenüber Investitionen chinesischer Firmen und eine Aufhebung von Exportbeschränkungen. „Die Weltwirtschaft erholt sich langsam, aber Instabilität und Unsicherheit wachsen“, sagte Wen Jiabao. Er zeigte sich gleichwohl zuversichtlich, dass die Europäer und Amerikaner ihre Probleme bewältigen könnten.

In Sachen Griechenland-Rettung wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy am frühen Abend mit Griechenlands Ministerpräsident Georges Papandreou beraten. Dazu solle es eine Telefonkonferenz geben, sagte ein Sprecher des französischen Präsidenten.

Angesichts des griechischen Schuldendramas setzt die EU-Kommission auf Eurobonds, also gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder: „Die EU-Kommission wird Optionen vorbereiten für die Einführung von Eurobonds“, kündigte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im Europaparlament an. Einige Möglichkeiten könnten im Rahmen der bestehenden Verträge realisiert werden, für andere müsse der EU-Vertrag geändert werden. Allerdings warnte Barroso: „Das wird natürlich nicht die Wunderlösung sein für die Probleme, denen wir gegenüberstehen.“ Notwendig sei eine weitere politische Integration.

Die Kommission macht sich seit längerem für gemeinsame Anleihen der Euroländer stark, um Krisenstaaten den Zugang zu frischem Geld am Kapitalmarkt zu erleichtern. Für Deutschland würde dies höhere Zinslasten bedeuten, für Staaten wie Griechenland aber deutlich geringere Zinsen. Eurobonds können allerdings nicht von der Kommission eingeführt werden; nötig ist ein Ja der Mitgliedsstaaten.

Die Gefahr einer erneuten Herabstufung der Kreditwürdigkeit Spaniens ist für die Ratingagentur Fitch gestiegen. Das Wirtschaftswachstum des Eurozonenlandes habe sich verlangsamt, und in den Regionen seien die Sparziele nicht erreicht worden, sagte der Leiter der Kreditbewertung, Douglas Renwick, der Nachrichtenagentur Bloomberg in einem Telefon-Interview. Die Daten aus den Regionen Spaniens hätten den Druck auf die Zentralregierung zur Umsetzung weiterer notwendiger Sparmaßnahmen erhöht. Derzeit wird Spanien von Fitch mit „AA+“ und damit mit der zweitbesten Note eingestuft.

Die Ratingagentur Moody's stufte unterdessen die Kreditwürdigkeit von zwei der drei französischen Großbanken herab. Die Agentur senkte die Bewertung für die Crédit Agricole und Société Générale um je eine Stufe. Beim Marktführer BNP Paribas wurde die Frist für die Überprüfung verlängert. Dabei sei eine Abstufung um mehr als eine Note unwahrscheinlich, hieß es.

Moody's betonte allerdings, die französischen Großbanken seien größtenteils ausreichend auf mögliche Zahlungsausfälle der hoch verschuldeten Eurozonen-Staaten vorbereitet. Die Aktienkurse der drei Banken brachen zum Pariser Börsenstart zunächst ein - bereits in den vergangenen Tagen hatten sie erhebliche Verluste verzeichnet. Am Vormittag erholten sich die Papiere mit dem Markt etwas.

Am Aktienmarkt war bereits seit Anfang der Woche auf die Abstufung der Institute durch Moody's gewettet worden. Insofern könnte sich die Nachricht vor allem bei BNP positiv auswirken. Zumal die größte französische Bank am Mittwoch zudem ankündigte, die Risiken vor allem im US-Geschäft zurückfahren zu wollen. Die Experten von Moody's betonten allerdings, gemessen an ihrer Profitabilität und Kapitalbasis sei die NBP ausreichend auf mögliche Probleme aus ihren Investitionen in Papiere der Länder Griechenland, Irland und Portugal vorbereitet.

Etwas kritischer waren die Experten bei der Crédit Agricole und Société Générale. Hier senkten sie wegen des Engagements in Griechenland ihre Einstufung für die langfristige Zahlungsfähigkeit um eine Stufe auf „Aa2“ beziehungsweise auf „Aa3“. Die französischen Banken zählen zu den am stärksten engagierten Instituten im von der Schuldenkrise geplagten Griechenland.

Der deutsche Aktienmarkt drehte am Mittwoch nach einem schwachen Start ins Plus. Der Dax legte im frühen Handel um 1,02 Prozent auf 5219 Punkte zu und baute damit sein rund zweiprozentiges Plus vom Vortag aus. „Die Hoffnung auf eine baldige Unterstützung für die angeschlagene Eurozone lässt die Börsen in ganz Europa steigen“, sagte Händler Andreas Lipkow von MWB Fairtrade. Zudem werde mit Spannung auf das Ergebnis der Dreier-Telefonkonferenz zur Griechenland-Verschuldung gewartet. Der Euro konnte derweil seine kräftige Kurserholung vom Dienstagabend nicht halten und rutschte wieder unter die Marke von 1,37 US-Dollar.