Christian Lindner - Blitz-Comeback in Jeans

Berlin/Düsseldorf (dpa) - Der verlorene Sohn kam in Jeans zurück. Drei Monate war Christian Lindner nach seinem Rücktritt als FDP-Generalsekretär abgetaucht.

Am Donnerstagabend stand der 33-Jährige in einem Düsseldorfer Hotel wieder im Scheinwerferlicht. „Ich hatte andere Pläne. Aber ich werde nicht in der Reserve bleiben, wenn es darum geht, die FDP wieder in den Landtag zu führen.“

Zusammen mit Daniel Bahr war er von Berlin aus zum Krisentreffen an den Rhein geflogen. Bahr wollte kein Ober-Wahlkämpfer sein, NRW-Fraktionschef Gerhard Papke kam nicht infrage. Lindner telefonierte noch einmal mit seiner Frau, einer Journalistin. Sie gab grünes Licht für die Spitzenkandidatur ihres Mannes.

Der smarte FDP-Vordenker im Standby-Modus hatte seit seinem Abgang in Berlin unter der Medien- und Machtabstinenz ein wenig gelitten. Keine großen Hallen, keine Talkshows, kein Diskurs mehr über die Zukunft des Liberalismus.

Der Delfin, wie ihn Freunde sehen, mutierte zum Karpfen, der ganz unten auf dem Grund des Berliner Politbeckens lag. Dass er wieder auftauchen wollte, zeigte sich im Plan, Chef des Kölner Bezirksverbandes zu werden. Jetzt hat er sich gleich den Landesvorsitz genommen.

Das Risiko für Lindner, den Jürgen Möllemann einst als „Bambi“ in der Düsseldorfer Politik aufzog, ist überschaubar. Bei zwei Prozent in den Umfragen kann es fast nur besser werden. Bleibt die FDP im Landtag, macht er sich in der Partei unsterblich.

Reicht es nicht ganz, dürfte er selbst als NRW-Chef in der außerparlamentarischen Opposition eine Größe bleiben. „Er hat sich aus dem Stand heraus in die Pflicht nehmen lassen“, heißt es aus Lindners Umfeld. Soviel zur „Fahnenflucht“, die ihm seine Gegner unterstellt hatten.

Warum er am 14. Dezember als Parteigeneral in Berlin nicht mehr wollte, darüber schweigt Lindner eisern. Nachtreten ist seine Sache nicht. Sein Nachfolger Patrick Döring war da weniger zimperlich. In einem Interview unterstellte er Lindner, er habe mit seinem Rücktritt einen Sturz von FDP-Chef Philipp Rösler herbeiführen wollen. „Das ist abgehakt“, sagen Lindner-Freunde.

Auch im Verhältnis zu Rösler gebe es keine Narben. Lindner werde keinen „Anti-Berlin-Wahlkampf“ machen. Für den Parteichef jedenfalls kam der Rücktritt damals überraschend, obwohl es schon länger kriselte. Er habe sich gefühlt, als ob an der eigenen Haustür jemand das Schloss ausgetauscht habe, erzählte Rösler. Unter dem Strich war es eher eine schleichende Entfremdung, die zum Bruch der „Boygroup“ Rösler, Lindner und Bahr führte.

Lindner machte seit dem Rücktritt Basisarbeit, beackerte als Bundestagsabgeordneter eine „kleine Parzelle“, wie er es formulierte. Sprach bei Handelskammern, besuchte Empfänge und diente als Mitglied des Wirtschaftsausschusses. In der FDP-Fraktion bekam er einen kleinen Sprecherposten. Ein schon fertiges Buch mit liberalen Thesen, das im März erscheinen sollte, legte der frühere PR-Profi und Politikwissenschaftler auf Eis.

In der Bundespartei wird erwartet, dass Lindner jetzt als „Rampensau“ im Acht-Wochen-Wahlkampf zeigt, was er draufhat. In NRW ist er bestens vernetzt. Als Schüler - die „Freiburger Thesen“ im Tornister - gründete er in seinem Heimatort Wermelskirchen im Bergischen Land mit Freunden eine Juli-Gruppe. 2000 zog er als jüngster Abgeordneter in den Landtag ein. Bis 2010 war er sechs Jahre „General“ der NRW-FDP. Der Motorsportfan und Ex-Porsche-Fahrer greift wieder an: „Wir spielen nicht auf Platz, sondern auf Sieg.“