Chronologie: Die Schuldenkrise im Euroland

Berlin (dpa) - Die hohe Schuldenlast des griechischen Staats sowie die Finanzprobleme Portugals und Irlands haben das Vertrauen in die Stabilität des Euro-Systems untergraben. Die EU reagiert mit milliardenschweren Rettungspaketen und dem Euro-Rettungsschirm.

Eine Chronologie der wichtigsten Ereignisse und Entscheidungen:

September 2004: Nach Berechnungen des europäischen Statistikamtes Eurostat hat Griechenland seine Zahlen zum Haushaltsdefizit seit 2000 frisiert. Eurostat kommt auf deutlich höhere Defizite. Damit wird klar, das EU-Land hat sich den Beitritt zur Euro-Zone 2001 mit falschen Zahlen erschlichen und immer mehr Schulden aufgehäuft.

Oktober 2009: Die oppositionellen Sozialisten gewinnen die vorgezogene Parlamentswahl. Giorgos Papandreou wird Ministerpräsident. Bei einer Staatsverschuldung von rund 260 Milliarden Euro ist jeder Grieche im Durchschnitt mit rund 25 000 Euro verschuldet.

Januar 2010: Die Regierung schickt ihren Sparplan zur Haushaltssanierung an die EU-Kommission. Sie will das Defizit von 12,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) mit harten Einsparungen und Steuererhöhungen bis 2012 auf unter die in der Euro-Zone erlaubten drei Prozent drücken.

Februar 2010: Die EU-Kommission stellt Griechenland unter Aufsicht. Athen muss laut Brüssel sein Defizit bis 2012 in den Griff bekommen.

April 2010: Die Euro-Länder einigen sich auf ein Rettungspaket. Es soll über drei Jahre laufen; der Internationale Währungsfonds (IWF) soll beteiligt werden. Im Notfall könnte Griechenland im ersten Jahr auf Hilfen von insgesamt 45 Milliarden Euro zugreifen. Große Ratingagenturen stufen die Kreditwürdigkeit des Landes weiter herab. In der Eurozone verschärft sich die Krise.

Mai 2010: Griechenland soll über drei Jahre Kredithilfen der Eurostaaten und des IWF von 110 Milliarden Euro bekommen. Athen muss das Defizit bis 2014 unter 3 (derzeit 13,6) Prozent absenken und beschließt ein striktes Sparprogramm. Im selben Monat spannen die EU-Staaten einen Rettungsschirm in Höhe von 750 Milliarden Euro auf, um klamme Euro-Länder notfalls mit Krediten zu versorgen.

Dezember 2010: Irland werden als erstem Land Hilfen aus dem Rettungsschirm EFSF bewilligt. Die EU-Finanzminister billigen das Hilfspaket von 85 Milliarden Euro.

11./12. März 2011: Bei einem Sondergipfel einigen sich die 17 Staats- und Regierungschefs der Eurozone auf weitreichende Maßnahmen zur Absicherung der 1999 eingeführten Gemeinschaftswährung. Der Rettungsfonds EFSF für klamme Mitglieder wird ausgeweitet. Künftig können chronische Schuldensünder leichter an Geld kommen.

24./25. März 2011: Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder beschließen die Aufstockung des Rettungsfonds und einigen sich auf den „Pakt für den Euro“, der eine engere Abstimmung in der Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik vorsieht. Die Länder verpflichten sich zum Sparen.

April 2011: Die griechische Regierung stimmt die Bevölkerung auf ein weiteres hartes Sparprogramm ein. Der Fehlbetrag im Haushalt 2010 belief sich laut Eurostat auf 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zunächst war Athen von etwa 9,5 Prozent ausgegangen.

Mai 2011: Die EU verlangt den Griechen einen noch härteren Sparkurs ab, aber Regierung und Opposition sind tief zerstritten. Griechenland hat nur noch bis Mitte Juli Geld, dann droht die Staatspleite.

17. Mai 2011: Die Euro-Finanzminister billigen eine Nothilfe für Portugal in Höhe von 78 Milliarden Euro. Im Gegenzug muss die Regierung in Lissabon ein striktes Sparprogramm durchziehen.

8. Juni: EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und IWF („Troika“) stellen in ihrem Prüfbericht fest, dass Griechenland nicht ohne neues Hilfsprogramm über die Runden kommt. Die „Troika“ sieht Fortschritte bei den Sparzielen, bemängelt aber ausstehende Reformen.

Athen beschließt ein neues hartes Sparprogramm. Die Schuldenkrise weitet sich zur Staatskrise aus. Die Euro-Partner sind über die Ausgestaltung eines weiteren Rettungspaket im Umfang von möglicherweise bis 120 Milliarden Euro uneins.

16. Juni: Angesichts der drohenden Staatspleite und heftiger Proteste gegen den Sparkurs bildet Papandreou sein Kabinett um.

17. Juni: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy einigen sich in Berlin auf eine Beteiligung privater Geldgeber bei Griechenland-Hilfen.

22. Juni: Das griechische Parlament spricht Ministerpräsident Papandreou das Vertrauen aus.

24. Juni: Bei einem Gipfel in Brüssel beschließen die EU-Staats- und Regierungschefs, dass Griechenland ein weiteres milliardenschweres Hilfsprogramm der Europäer und des Internationalen Währungsfonds zur Abwendung einer Staatspleite erhalten soll. Voraussetzung ist die Billigung des Sparpakets durch das griechische Parlament.

29. Juni: Das griechische Parlament stimmt dem Sparprogramm der Regierung zu. Damit ist der Weg für weitere Milliarden-Hilfen fast frei. Griechenland ist inzwischen mit 350 Milliarden Euro verschuldet, die Gesamtverschuldung beträgt damit fast das Eineinhalbfache des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

2. Juli: Die Euro-Finanzminister geben die nächste Teilzahlung aus dem laufenden Hilfsplan frei. Die bisherigen Hilfen für Athen summieren sich damit auf 65 Milliarden Euro.

11. Juli: Die Finanzminister der Euro-Gruppe unterzeichnen den Vertrag zur Schaffung des neuen Krisenfonds für Euro-Wackelkandidaten (ESM), der zum 1. Juli 2013 die derzeitige europäische Finanzfeuerwehr EFSF ablösen soll. Der Fonds wird eine Kapitalausstattung von 700 Milliarden Euro haben, von denen 80 Milliarden bar eingezahlt werden.

21. Juli: Die Staats- und Regierungschefs der 17 Euroländer kommen zu einem Krisengipfel in Brüssel zusammen. Erstmals sollen Banken und Versicherungen an einem neuen Hilfspaket für Griechenland beteiligt werden.