Debatte über Zuwanderung wird schärfer

Berlin (dpa) - Die Diskussion über den Zustrom sogenannter Armutsflüchtlinge aus Südosteuropa nach Deutschland wird schärfer. Der Präsident des Ifo-Wirtschaftsinstituts, Hans Werner Sinn, forderte, der Zuwanderung „einen Riegel vorzuschieben“.

Dagegen warnte der Migrationsforscher Prof. Klaus J. Bade vor „Panikmache“. Zwei Drittel aller Deutschen wollen laut Umfrage die Zuwanderung aus EU-Ländern beschränken. Im Mittelpunkt der Debatte stehen Sinti und Roma aus den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien.

Sinn sagte in einem Beitrag für die „Wirtschaftswoche“, die Freizügigkeitsrichtlinie der EU müsse dringend novelliert werden. Unter bestimmten Bedingungen lägen die Sozialleistungen in Deutschland „bei etwa dem Zwei- bis Dreifachen des Durchschnittlohns in Rumänien oder Bulgarien“. Die dadurch motivierte Migration werde „unweigerlich zur Erosion des deutschen Sozialstaates führen“.

Der Migrationsforscher Bade warnte dagegen vor hysterischen Reaktionen auf den Zuzug von Roma aus Südosteuropa. Zugleich wies er den Eindruck zurück, Deutschland erlebe zurzeit eine massenhafte Armutszuwanderung. „Das ist Panikmache. Das ist wieder der Appell, eine negative Koalition der Abwehr statt eine positive Koalition der Gestaltung zu schaffen“, sagte Bade der Nachrichtenagentur dpa.

Kritik übte Bade an der Forderung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Städte und Kommunen sollten ihre Kontrollen verschärfen. „Sie schürt in der Bevölkerung fahrlässig eine Abwehrhaltung gegen unerwünschte Zuwanderung, die man aber nicht einfach verbieten kann.“ Zudem werde nicht berücksichtigt, dass rund 80 Prozent der zwischen 2007 und 2010 zugewanderten Bulgaren und Rumänen sozialversicherungspflichtig auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt seien, sagte der Experte.

Nach einer Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin „Focus“ sprachen sich nur 27 Prozent dafür aus, dass alle EU-Bürger nach Deutschland einwandern dürfen. 28 Prozent wollen die Einwanderung aus bestimmten EU-Staaten begrenzen. 41 Prozent plädierten dafür, für Zuwanderer aus allen EU-Staaten Beschränkungen einzuführen. TNS-Emnid befragte Ende Februar 1004 Personen.

Innenminister Friedrich kritisierte im „Focus“ Städte und Gemeinden. „Die Kommunen müssen in ihrem eigenen Interesse auf eine strikte Einhaltung der Gesetze achten. Wenn jemand Sozialhilfe beantrage, dann müsse er die Gründe dafür darlegen können. „Wer wegen versuchten Betrugs überführt wird, missbraucht das Freizügigkeitsrecht und muss ausreisen.“