Erwin Sellering - Westfale mit „Ostgeruch“
Schwerin (dpa) - Den „Besserwessi“ zu geben, hat er stets vermieden. Dafür schon eher den „Ostversteher“ gegeben. In nur drei Jahren im Amt des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern hat sich der gebürtige Westfale Erwin Sellering bei den Menschen im Nordosten großes Ansehen erworben.
Nach dem klaren Wahlsieg bei der Landtagswahl kann der 61-Jährige nun für eine weitere, volle Amtszeit von fünf Jahren in der Schweriner Staatskanzlei planen. Dort hatte er im Oktober 2008 seinen Vorgänger Harald Ringstorff aus Altersgründen abgelöst. Derzeit ist er der einzige im Westen geborene Regierungschef eines ostdeutschen Bundeslandes.
Sellering brachten sein Eintreten für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, für die Ost-West-Rentenangleichung und sein Werben für die Akzeptanz von DDR-Biografien Pluspunkte bei den Wählern. Es trug ihm aber auch vielfach den Vorwurf des Populismus ein. Für seine Aussage, die DDR sei kein „totaler Unrechtsstaat“ gewesen, musste er Kritik aus allen politischen Lagern einstecken. Als Nachteil für die Wahl erwies es sich für ihn nicht.
Mit ruhiger Hand hat Sellering die Schweriner SPD/CDU-Regierung geführt. Eine Fortsetzung dieser großen Koalition hält er für möglich, doch schließt er auch die Rückkehr zu einem rot-roten Bündnis mit der Linken nicht aus. „Wir werden mit beiden Gespräche führen“, sagte er am Wahlabend. „Der Knackpunkt ist, dass wir möglichst viel sozialdemokratische Politik machen.“ Sellering gilt als Pragmatiker ohne ideologische Scheuklappen.
1949 in Sprockhövel bei Bochum geboren, zog der Jurist 1994 nach Greifswald, wo er zunächst als Verwaltungsrichter arbeitete. Im gleichen Jahr trat er in die SPD ein, 1996 schon wurde er Mitglied im Landesvorstand der Partei. Sellerings Karriere in der Landespolitik begann 1998 als Abteilungsleiter in der Staatskanzlei. Zwei Jahre später wurde er Justizminister, 2006 übernahm er das Sozialressort. Seine Loyalität zu Ringstorff förderte den Aufstieg. Doch nutzte Sellering stets auch beherzt seine Chancen, wie im April 2007, als er den glücklosen Agrarminister Till Backhaus als SPD-Landesvorsitzenden ablöste und damit potenzieller Ringstorff-Nachfolger wurde.
Sellering spielt zwar gern Schacht, gilt aber als kommunikativer Teamspieler. „Nur eine gute Mannschaft ist auf Dauer erfolgreich“, lautet sein Wahlspruch.
Für Schlagzeilen privater Natur sorgte Sellering im Sommer 2010, als er die 26 Jahre jüngere Britta Baum heiratete. Aus seiner ersten Ehe hat er zwei erwachsene Töchter.