Experte: Zypern braucht über kurz oder lang neues Geld
Brüssel/Freiburg (dpa Insight) - Trotz des Rettungspakets wird der EU-Inselstaat Zypern nach Expertenmeinung schon bald frisches Geld brauchen. Das Hilfspaket verhindere nur den sofortigen Bankrott, sagte Lüder Gerken im Interview mit dem Informationsdienst dpa Insight EU.
„Die Maßnahmen sind bestenfalls dazu geeignet, die aktuelle Geldversorgung des Landes sicherzustellen — und das eben auch nur für eine begrenzte Zeit“, so Gerken.
Gerken forderte „radikale strukturelle Reformen“, um die Wettbewerbsfähigkeit Zyperns deutlich verbessern zu können. „Das braucht aber Zeit. Daher wird Zypern auf kurz oder lang erneut frisches Geld brauchen.“ Gerken ist Direktor des Centrums für Europäische Politik (CEP) in Freiburg, einer „Denkfabrik“ zur Analyse europäischer Politik.
Die Euro-Staaten und der Internationale Währungsfonds IWF hatten sich mit der zyprischen Regierung auf ein Hilfsprogramm von 10 Milliarden Euro geeinigt. Zypern selbst muss etwa sieben Milliarden Euro aufbringen. Der IWF-Anteil ist noch offen. Die zweitgrößte zyprische Bank Laiki wird abgewickelt. Der Branchenprimus Bank of Cyprus muss schrumpfen. Einlagen unter 100 000 Euro werden - anders als zunächst geplant - nicht angetastet.
Gerken kündigte an, die aufgeblähte Finanzindustrie Zyperns werde dramatisch schrumpfen. „Und ich sehe keinen anderen Industriezweig, der das Land kurzfristig auf eigene Füße stellen könnte.“ Das gelte auch für den wichtigen Tourismus, warnte er. „Auch hier ist Zyperns Wettbewerbsfähigkeit erodiert. Das Land ist einfach zu teuer geworden.“ Auch das Geschäft mit dem Gas könne in Zukunft eine Rolle spielen. Nur sei der Weg dorthin noch weit - „und in der Zwischenzeit verfügt Zypern über keine eigenen nennenswerten Einnahmen“.