Flüchtlingsdrama im Mittelmeer: Helfer geben nicht auf
Rom/Brüssel (dpa) - Trotz schwindender Hoffnungen haben Helfer die Suche nach Überlebenden des Flüchtlingsdramas im Mittelmeer auch in der Nacht fortgesetzt.
Am Morgen wollten die Einsatzkräfte dann entscheiden, ob eine weitere Suche nach etwa 200 Vermissten noch Sinn mache, sagte ein Sprecher der italienischen Küstenwache.
Bis zum Nachmittag konnten 373 Menschen vor der Küste Libyens gerettet werden. Sie wurden nach Sizilien gebracht, wo sie von Hilfsorganisationen im Empfang genommen und betreut wurden. Die Helfer bargen zudem 25 Leichen. Insgesamt sollen etwa 600 Menschen an Bord eines am Mittwoch etwa 20 Seemeilen vor der Küste Libyens gekenterten Holzbootes gewesen sein.
Bei weiteren Hilfseinsätzen konnten am Donnerstag nach Angaben der Küstenwache in mehreren Rettungsaktionen etwa 1200 Flüchtlinge von überfüllten Booten gerettet werden. 381 Flüchtlinge wurden von der Küstenwache von einem Boot gerettet, das 30 Seemeilen vor der Küste Libyens gekentert war. Die italienische Marine eilte einem Boot in Seenot mit 101 Migranten an Bord zu Hilfe. Die private maltesische Rettungsaktion MOAS und die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen teilten auf Twitter mit, dass sie gemeinsam 600 Migranten von einem Boot gerettet hätten, das zu kentern drohte. Laut Küstenwache gab es darüber hinaus mehrere kleine Rettungsaktionen.
Das irische Marineschiff „Niamh“ legte am Nachmittag in Palermo an. Es war nach dem Unglück am Mittwoch vor der libyschen Küste als erstes vor Ort und hatte die meisten Menschen aufgenommen. Einige der Geretteten, die medizinische Hilfe benötigten, waren bereits zuvor mit Hubschraubern nach Italien gebracht worden. Die Überlebenden des Unglücks stammten italienischen Medienberichten zufolge vor allem aus Syrien, Eritrea, dem Sudan, Somalia und Bangladesch.
Nach dem erneuten Drama wuchs auch die Kritik an den bisherigen Anstrengungen der EU-Staaten zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer und ihrer Aufnahme. „Es muss bessere Wege geben, damit Flüchtlinge nicht ihr Leben riskieren müssen, um in die Sicherheit Europas zu gelangen“, forderte Melissa Fleming, Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Vertreter der Brüsseler EU-Kommission brachten ihre „große Trauer“ über das Unglück vor der libyschen Küste zum Ausdruck. „Schon ein einziges verlorenes Leben ist eines zu viel“, unterstrichen die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans und EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos in einer gemeinsamen Erklärung in Brüssel.