Fragen & Antworten: Alles nur „Täuschungsmanöver“?

Berlin (dpa) - Union und SPD haben ihre üppigen Wunschlisten und Wahlversprechen in den fünfwöchigen Koalitionsverhandlungen kräftig zusammengestrichen - weil schlicht das Geld fehlt.

Für „prioritäre Maßnahmen“ aber soll es Mehrausgaben geben - die Rede ist von 23 Milliarden Euro. Ob es am Ende doch mehr kostet, hängt von der Umsetzung ab. Laut Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist alles „sorgsam durchgerechnet“. Ein „Täuschungsmanöver“ sei das Ganze, kontern die Grünen, und taxieren die Mehrkosten sogar auf 40 Milliarden Euro:

Wofür wollen Union und SPD denn vorrangig Geld ausgeben?

Auf neun „prioritäre Maßnahmen“ haben sich die Spitzen von Union und SPD in ihren finalen Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag ganz am Schluss verständigt. Sie sollen in dieser Legislaturperiode kommen und stehen nicht unter Finanzierungsvorbehalt - diese Zusatz-Milliarden vom Bund sind also eingeplant. Es geht um eine stärkere Entlastung von Kommunen und Ländern, mehr Geld für Investitionen in Verkehr, Bildung und Forschung, Städtebau, Entwicklungshilfe, Arbeitslose und mehr Geld für die Rentenkasse.

Und was soll das alles kosten?

Auch Stunden nach der Einigung auf einen Koalitionsvertrag wurde noch emsig hoch und runter gerechnet. Der bisher genannten Summe von 23 Milliarden Euro als Finanz-Spielraum für die Zeit bis Herbst 2017 wird zwar nicht widersprochen. Offiziell ist sie aber noch nicht. Letztlich werden erst die neuen Entwürfe für den Etat 2014 und den Finanzplan des Bundes bis 2017 mehr Aufschluss geben. Am Ende könnte auch eine höhere Summe stehen. So oder so: Das ist deutlich mehr als die 15 Milliarden, die Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bisher an Überschüssen in seinem Budget veranschlagt hatte.

Reichen denn die unterstellten Mehrausgaben aus?

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wischt jedenfalls alle Zweifel an den Berechnungen der Koalitionäre in spe vom Tisch: „Wir haben das alles sehr sorgsam durchgerechnet.“ Schäuble habe plausibel dargestellt, dass das möglich sei. Die Mittel - etwa bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung zur Entlastung der Kommunen - würden ja auch nicht Jahr für Jahr gleich aufgeteilt. Zunächst würden eher geringe Beträge fällig, die dann erst nach 2017 steigen.

Was genau wurde denn zur Entlastung der Kommunen vereinbart?

Beispiel Eingliederungshilfen: Dem Vertrag zufolge sollen die Kommunen hier jährlich um fünf Milliarden Euro entlastet werden. Noch vor Verabschiedung des dazu nötigen Gesetzes will der Bund eine Milliarde Euro pro Jahr zahlen. Das müsste dann wohl auf anderem Wege aufgebracht werden - etwa über mehr Anteile der Kommunen am Umsatzsteueraufkommen des Staates.

Die Kosten hängen also von vielen Details und dem Zeitplan ab?

Ja. Die Grünen vermuten, dass das Gesetz zu den Eingliederungshilfen („Bundesteilhabegesetz“) auf 2018 vertagt wird, um die Kosten in die nächste Wahlperiode zu verschieben. Denn nur so kämen Union und SPD auf Mehrkosten für Vorrangiges von „nur“ 23 Milliarden Euro. Für Grünen-Haushaltsexpertin Priska Hinz steht daher fest: Es würden umfangreichere Maßnahmen suggeriert als tatsächlich finanziert.

Selbst bei einer zu niedrig angesetzten Summe wird es eng?

Das zeichnet sich ab. Ab 2015 will der Bund trotz der Mehrausgaben keine neuen Schulden machen - also soviel einnehmen wie er ausgibt. Ob die Einnahmen allein dank Konjunktur und Beschäftigung stärker steigen und der Bund an anderer Stelle spart - Stichwort Zinsen - wird sich zeigen. Auf die Frage, ob es bis Ende 2017 beim Versprechen „Keine Steuererhöhungen!“ bleibe, antwortete Merkel im ZDF so: „Ich kann die Zukunft nicht voraussagen. Ich weiß nur, dass das Ziel keine neue Schulden zu machen, eine sehr, sehr hohe Priorität hat.“ Wenn alles normal laufe, seien die Vorhaben auf einer guten Grundlage.