Fragen und Antworten: Der Machtwechsel in Afghanistan

Kabul (dpa) - Seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 regiert Präsident Hamid Karsai Afghanistan. An diesem Samstag werden die Afghanen seinen Nachfolger wählen. Die radikalislamischen Taliban wollen die Wahl mit aller Macht stören.

Fragen und Antworten: Der Machtwechsel in Afghanistan
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Sorgen macht neben der Gewalt auch möglicher Wahlbetrug - der dazu führen könnte, dass die Abstimmung im Volk ihre Legitimität verliert.

Warum ist die Wahl wichtig?

Karsai darf nach den Vorgaben der Verfassung nicht mehr antreten. Die Wahl markiert daher die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte Afghanistans. Es ist zudem die letzte Wahl, bevor der Nato-Kampfeinsatz in Afghanistan am 31. Dezember endet.

Welche Aussichten haben die verschiedenen Kandidaten?

Als die drei Kandidaten mit den größten Chancen gelten der frühere Finanzminister Ashraf Ghani und die beiden Ex-Außenminister Abdullah Abdullah und Salmai Rassul. Ghani und Rassul gehören der größten Bevölkerungsgruppe der Paschtunen an. Abdullah ist Sohn eines Paschtunen und einer Tadschikin. Er gilt vor allem als Kandidat der zweitgrößten Bevölkerungsgruppe, die die Tadschiken stellen.

Hat Karsai eine Wahlempfehlung ausgesprochen?

Nein. Rassul wird aber als Karsais bevorzugter Bewerber gehandelt. Karsais Bruder Kajum Karsai hat seine Kandidatur zugunsten von Rassul zurückgezogen. Allerdings hat Ghani kurz vor der Wahl gesagt, er wolle für Karsai eine herausgehobene Beraterposition als „Nationaler Anführer“ schaffen, was für Karsai verlockend sein dürfte.

Kandidieren auch Frauen?

Unter den acht verbliebenen Kandidaten sind keine Frauen. Die einzige Bewerberin wurde von der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) disqualifiziert. Im Team von Rassul ist eine Frau, die im Falle seines Wahlsieges eine seiner beiden Vizepräsidenten würde.

Wie viele Wahlberechtigte gibt es?

Nach IEC-Angaben sind mehr als zwölf Millionen der etwa 30 Millionen Afghanen für die Wahl registriert. Wähler dürfen ihre Stimme in jedem beliebigen Wahllokal abgeben. Zur Vermeidung von mehrfachen Stimmabgaben wird unter anderem ein Finger mit nicht abwaschbarer Tinte markiert. Bei der Wahl vor fünf Jahren wurden 5,8 Millionen Stimmen abgegeben, von denen 1,2 Millionen als gefälscht oder ungültig verworfen wurden.

Wie frei und fair werden die Wahlen?

Die Wahl 2009 wurde von Betrug überschattet, der vor allem dem Karsai-Lager angelastet wurde. Die Vorkehrungen wurden diesmal verschärft, gehofft wird, dass diese Wahl besser verläuft. Anlass zur Sorge gibt die schlechte Sicherheitslage. Sie könnte vor allem in den mehrheitlich paschtunischen Gebieten im Süden und Osten dazu führen, dass Wahlberechtigte zu Hause bleiben. In instabilen Gebieten ist außerdem Wahlbeobachtung erschwert oder unmöglich.

Welche Rolle spielen die Taliban?

Die radikalislamischen Taliban haben Kandidaten, Wähler und Wahlhelfer mit dem Tode bedroht. Sie halten die Wahl für eine Farce, deren Ausgang von den USA bestimmt wird. Die Aufständischen könnten die Abstimmung stören und das Ergebnis beeinflussen.

Wie wird die Wahl gesichert?

Die Verantwortung für die Sicherheit liegt erstmals ausschließlich bei den rund 352 000 afghanischen Soldaten und Polizisten. Die schrumpfende Internationale Schutztruppe Isaf steht in Notfällen zur Unterstützung bereit, sollte sie von den Afghanen angefordert werden.

Wann wird mit einem Ergebnis gerechnet?

Die IEC will das Endergebnis am 14. Mai verkünden. Bei der Wahl 2009 hatte sich das Endergebnis aber wegen der vielen Betrugsvorwürfe um Wochen verzögert. Sollte keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erreichen, ist für den 28. Mai eine Stichwahl geplant.

Wird nur ein neuer Präsident gewählt?

Nein, auch die Provinzräte der 34 afghanischen Provinzen stehen zur Abstimmung an.