Porträt: Niedringhaus zeigte Krieg jenseits des „Bäng-Bäng“

Berlin (dpa) - Mensch statt Maschine - das hat AP-Fotografin Anja Niedringhaus mit ihren Bildern aus Kriegsgebieten immer in den Mittelpunkt gestellt. Die Gefahren ihrer Einsätze kannte die Pulitzer-Preisträgerin schon lange.

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Sie suchte inmitten von Kämpfen und Schießereien die ruhigeren Bilder. „Ich bin ja nicht auf der Suche nach diesem Bäng-Bäng, weil ich glaube, dass andere Fotos viel mehr zeigen können - wenn man zeigen kann, wie Zivilisten jahrelang in einem Krieg weiterleben können, wie die ihr tägliches Leben halt organisieren“, berichtete Anja Niedringhaus 2011 in einem Interview des Deutschlandradio Kultur.

Die preisgekrönte deutsche Foto-Reporterin der US-Nachrichtenagentur Associated Press wusste immer um die Gefahren ihrer Arbeit. Bei der Berichterstattung über die afghanische Präsidentenwahl wurde die 48-Jährige im Osten des Landes erschossen.

Schon während ihrer Schulzeit in Höxter in Westfalen hatte Niedringhaus begonnen, als freie Fotografin für die örtliche Zeitung „Neue Westfälische“ zu arbeiten. Auch während des Studiums - Germanistik, Philosophie und Journalismus in Göttingen - blieb sie freiberuflich aktiv.

Ihre Bilder vom Mauerfall in Berlin brachten ihr 1990 einen Posten bei der European Press Photo Agency (EPA) in Frankfurt, wie sie selbst auf ihrer Webseite berichtete. In den folgenden Jahren berichtete sie für die EPA aus dem Jugoslawien-Konflikt.

Seit 2002 fotografierte Niedringhaus für die US-Nachrichtenagentur AP - vor allem berichtete sie über Kriege und politische Auseinandersetzungen in Israel und Palästina, in Libyen, Afghanistan und Pakistan. Für ihre Berichte aus dem Häuserkampf im Irak wurde sie gemeinsam mit ihren AP-Kollegen 2005 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

„Kriegsfotografin“ wollte die vielfach Preisgekrönte aber nie sein. „Den Titel hasse ich“, zitierte sie auf Twitter mit dem Hinweis „so true“ (so wahr) vor einigen Wochen ein Interview mit ihrem Kollegen Don McCullin.

Sie wollte die menschlichen Folgen der Kriege zeigen, nicht die Militärmaschinerie. „Der interessanteste Punkt ist, was ist eigentlich da, wo es einschlägt?“, sagte die Fotografin im Rundfunkinterview. „Man versucht, das aufzunehmen, zu fotografieren, was man sieht, um stellvertretend für tausende andere Menschen zu berichten, was in so einem Krieg passiert“, erläuterte sie einmal im Kommentar zu einer Bildersammlung aus dem Irak, die auf „FAZ.de“ veröffentlicht wurde.

Die erfahrene Reporterin hatte die Gefahren ihrer Arbeit stets im Blick: „Natürlich habe ich Angst. Vielleicht weniger als derjenige, diejenige, die die Situation nicht kennt“, sagte sie im Rundfunkinterview. „Und ich finde, Angst, eine gewisse Grund-Angst, ist lebenserhaltend.“ Sie wurde mehrfach in den Einsätzen selbst verletzt.

Ihr Arbeitsgerät war nach Aussage der 1965 in Höxter geborenen Fotografin auch Schutz, wie sie im Kommentar zu ihren Bildern zugab: „Ich bin froh, dass ich eine Kamera habe, die mir da einen gewissen Abstand vermitteln kann oder auch 'ne Sicherheit. Wo ich mich konzentrieren kann. Manchmal, wenn man die Kamera absetzt, dann ist das schon viel schwieriger zu verarbeiten.“