Frauenfreund Blatter: „Selber nicht dran geglaubt“
Berlin (dpa) - Vor 16 Jahren noch glaubte er kaum seinen eigenen Worten, heute gefällt sich FIFA-Chef Joseph Blatter in seiner Lieblingsrolle als Frauenfreund und -förderer.
Am Tag vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland durfte der umstrittene Präsident des Fußball-Weltverbandes auf dem Podium neben OK-Chefin Steffi Jones sitzen und musste - zumindest zu Beginn - auch keine lästigen Fragen zu den jüngsten Korruptionsskandalen und dem Rücktritt seines Vize-Präsidenten Jack Warner ertragen.
Die waren nämlich bei der offiziellen Pressekonferenz zur Eröffnung der Frauen-WM am Samstag im Berliner Olympiastadion nicht zugelassen, und selbst ein finaler Versuch wurde von der FIFA-Medienabteilung resolut abgebügelt. Im Gehen beantwortete Blatter immerhin umringt von einer großen Medienschar noch eine einzige Frage zu den jüngsten Vorgängen im skandalumtosten Weltverband und kündigte ein Ergebnis der Ethikkommission für Juli an.
Ansonsten aber konnte der 75 Jahre alte Schweizer über seine selbsterklärte Passion parlieren. „Wir sind in der FIFA etwas verspätet in den Frauenfußball eingezogen“, gab er zu. „1995 habe ich mit sehr optimistischen Erklärungen nach vorne gesagt: 'Die Zukunft des Fußballs ist weiblich'. Als ich das gesagt habe, habe ich nicht mal selber dran geglaubt“, meinte der gerade im Amt bestätigte FIFA-Boss.
Blatter wiederholte seine Hoffnungen, dass die WM ein „Meilenstein“ werde, lobte artig die Organisatoren in der „Männerphalanx“ Deutschland, erneuerte seine Forderung nach einer Frauenquote und äußerte sein Erstaunen über die vergleichsweise mageren WM-Prämien für die kickenden Frauen. „Ich bin selbst überrascht, dass nicht mehr drin ist“, sagte der Walliser. „Ich werde es an die Finanzkommission weitergeben.“
Allerdings verwies er darauf, dass die Männer-WM das einzige Turnier sei, „das der FIFA Geld bringt“. Bei dieser WM schüttet die FIFA 7,6 Millionen US-Dollar an Prämien aus, 2007 waren es noch 6,4 Millionen. Eine Million erhält der Weltmeister, 18 Millionen kassierte Spaniens Männerteam für seinen Triumph 2010 in Südafrika.
Als Blatter nach möglichen Pfiffen beim Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Kanada gefragt wurde, grätschte die ehemalige Nationalspielerin Jones elegant dazwischen. „Ich gehe davon aus, dass der FIFA-Präsident nicht ausgepfiffen wird, dafür werde ich alles tun“, sagte sie. „Ich hoffe, dass wir uns als guter Gastgeber zeigen. Wenn es um Themen geht, die nicht mit der Frauen-WM zusammenhängen, würde ich darum bitten, dass Sie das zu einem späteren Zeitpunkt machen. Wir haben drei Jahre darauf hingearbeitet und wir haben das Recht darauf, dass es nur um die Frauen-WM geht.“
Ein wenig in Verlegenheit geriet der FIFA-Boss nur noch bei der Erklärung seiner Planung der kommenden drei Wochen. Wie viele Spiele er sich denn anschauen werde neben der Eröffnungspartie in Berlin? „Es gibt sehr viele Wettbewerbe, ich kann mich nicht nur um einen kümmern“, sagte Blatter und zählte vergangene und kommende Reisestationen auf. Er werde zum „Halbfinale und Finale“ wiederkommen. „Mehr kann ich live nicht bieten.“