Gewalt in Syrien eskaliert

Damaskus/Istanbul (dpa) - Syrien erlebt den blutigsten Tag seit Beginn des Aufstandes gegen Präsident Assad. Rebellen überrannten nach Angaben von Aktivisten drei Grenzposten an der Grenze zur Türkei.

Im Gegenzug versuchten Regierungstruppen, bewaffnete Aufständische aus einigen Vierteln in Damaskus und im Umland von Aleppo zu vertreiben, die diese am Vortag unter ihre Kontrolle gebracht hatten.

Mit 310 Toten war der Donnerstag nach Angaben von Aktivisten der bislang blutigste Tag seit Beginn der Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad im März 2011. Das syrische Informationsministeriums wies Spekulationen zurück, Assad sei zum Rücktritt bereit.

Nach dem Scheitern einer Syrien-Resolution berät der UN-Sicherheitsrat über die Fortsetzung der umstrittenen Beobachtermission. Russland und China hatten mit einem Doppelveto die Resolution zu Fall gebracht, mit der dem syrischen Regime Sanktionen angedroht worden wären.

Nach den Worten der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, stehen die unbewaffneten UN-Beobachter in Syrien auf verlorenem Posten, wenn es für die syrische Führung keine Konsequenzen hat, den Friedensplan des UN-Sondergesandten Kofi Annan zu verletzen. Dieser Plan sieht eine Waffenruhe vor. Darüber hinaus soll sich die syrische Armee aus städtischen Kampfzonen zurückziehen. Beide Punkte wurden nicht erfüllt.

Der Auftrag der Beobachter, die im April für drei Monate nach Syrien geschickt worden waren, endete an diesem Freitag. Der Leiter der Mission, General Robert Mood hatte Syrien am Donnerstag verlassen.

Die rund 300 Beobachter sollten eigentlich eine Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und bewaffneter Opposition überwachen. Syrische Aktivisten kritisieren den Einsatz, weil Gewalt und Blutvergießen nicht zurückgegangen sind, sondern zugenommen haben. Außerdem war die Bewegungsfreiheit der Beobachter stark eingeschränkt. Sie klagten gelegentlich über Behinderungen durch den Sicherheitsapparat. Oftmals war die Situation aber auch schlicht zu gefährlich, um unbewaffnet in ein Kampfgebiet zu fahren.

Ein Militäreinsatz der Nato unter UN-Mandat zur Beendigung des blutigen Konflikts in Syrien kommt aus Sicht von Verteidigungsminister Thomas de Maizière weiterhin nicht in Frage. Zunächst einmal sei man weit weg von einer Resolution der Vereinten Nationen, sagte der CDU-Politiker am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“. Außerdem wäre ein solcher Einsatz auch aus militärischer Sicht schwierig.

„Wir reden hier über einen sehr komplizierten Konflikt, faktisch über einen Häuserkampf. Das Eingreifen von außen in einen solchen Häuserkampf ist so ungefähr das Aufwendigste, was es gibt, auch sehr verlustreich“, sagte de Maizière. So hätten die USA für den Einmarsch im Irak 250 000 Soldaten benötigt. „Aus der Luft ein bisschen was zu machen, nützt gar nichts. Mit einem vertretbaren Aufwand wäre das nicht möglich.“

In Syrien gingen die Kämpfe in mehreren Vierteln von Damaskus auch am Freitag weiter. In der Stadt seien am Morgen mehrere Explosionen zu hören gewesen, berichteten Aktivisten. Zahlreiche Familien verbrachten die Nacht in Moscheen und Kirchen. Sie hatten dort am Donnerstag Zuflucht gesucht, weil es in der Umgebung ihrer Wohnungen Kämpfe gegeben hatte.

Die reguläre Armee löst sich nach Angaben der Opposition immer weiter auf. Schätzung von Regimegegnern, wonach inzwischen ein Drittel der Soldaten desertiert sein soll, ließen sich von unabhängiger Seite nicht bestätigen.

Die Regierung des Nachbarlandes Irak schickte derweil Truppen an den von Rebellen besetzten Grenzübergang bei Al-Bukamal. Das meldete die Nachrichtenagentur Sumeria News. Die irakische Regierung plant nach Angaben eines Sprechers die Evakuierung ausreisewilliger Iraker aus Syrien. Hunderttausende von Irakern waren in den vergangenen Jahren vor dem Terror in ihrer Heimat in das Nachbarland geflüchtet. Auch Ägypten hat seinen Bürgern inzwischen Hilfe beim Verlassen von Syrien angeboten.