„Hebel“-Modell für EFSF soll Ende November stehen

Berlin (dpa) - Die von den Euro-Ländern auf dem Krisengipfel vereinbarte Optimierung des Rettungsschirms EFSF soll bis Ende November endgültig stehen.

Bis dahin wollen Vertreter der Euro-Gruppe und des EFSF mit privaten und öffentlichen Geldgebern weltweit das Interesse an zusätzlichen Staatsanleihen aus Euro-Ländern ausloten, verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen in Berlin.

„Wir müssen jetzt einen Markttest machen, um zu wissen, wie groß der Appetit der Investoren ist.“ Mit den geplanten zwei „Hebel“-Modellen soll die noch frei verfügbare Kreditsumme des EFSF von 250 bis 275 Milliarden Euro mit Hilfe weiterer privater und öffentlicher Gelder am Ende vier- bis fünfmal so groß ausfallen.

Das zweite Rettungspaket für Griechenland einschließlich des Schuldenschnitts für Privatgläubiger soll bis Jahresende geschnürt werden. Wie es weiter hieß, soll für den geforderten höheren Kapitalpuffer deutscher Banken der Ende 2010 ausgelaufene Rettungsfonds Soffin in abgeänderter Form reaktiviert werden. Dies werde in „absehbarer Zeit“ ans Parlament herangetragen.

Die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder verständigten sich am frühen Donnerstagmorgen in Brüssel auf ein neues Hilfsprogramm für Griechenland, eine höhere Schlagkraft des Rettungsfonds EFSF sowie auf Eckpunkte zur finanziellen Stärkung der europäischen Banken. Mit Blick auf die Gespräche mit Banken und Versicherern über einen Forderungsverzicht von 50 Prozent hieß es: „Das waren zähe Verhandlungen mit den privaten Gläubigern.“

Die Bundesregierung zog insgesamt eine positive Bilanz. In der Summe seien sehr konkrete Zeitziele und Aufgaben festgeschrieben worden. Die Staats- und Regierungschefs hätten sich große Mühe gegeben, für die einzelnen Punkte auch Zeitfenster festzulegen.

Geradezu förderlich für die Einigung auf ein Gesamtpaket sei es gewesen, dass man den Gipfelablauf zwischen dem vergangenen Sonntag und Mittwoch getrennt habe. Ein Zusammenfügen der unterschiedlichen Verhandlungsstränge an einem Tag wäre bei der Komplexität der Themen unmöglich gewesen, hieß es in den Regierungskreisen.

Nach dem Gipfel-Beschluss erhält Griechenland ein zweites Hilfspaket von 100 Milliarden Euro über einen Zeitraum von drei Jahren. Nach den bisher vorliegenden „Kerndaten“ sollen private Gläubiger „freiwillig“ auf nominal 50 Prozent der rund 200 Milliarden Euro ausstehenden Staatsanleihen verzichten. Von diesem Anleihevolumen entfallen 50 Milliarden Euro auf griechische Banken, die mit Hilfe des Rettungspaketes ebenfalls gestützt werden sollen.

Der angestrebte Anleiheumtausch soll Anfang 2012 beginnen. „Das ist eine freiwillige Operation, die nicht ein Kreditereignis auslösen wird.“ Ein Kreditereignis, englisch „Default“ würde von den mächtigen Ratingagenturen als Zahlungsausfall gewertet; dies könnte nach Befürchtungen von Experten eine unkontrollierbare Kettenreaktion an den Finanzmärkten auslösen.

Besitzer von Schuldtiteln können nun alte griechische Anleihen zu 50 Prozent in neue Hellas-Papiere tauschen. Um dies schmackhaft zu machen, sollen die neuen Anleihen durch EFSF-Papiere teils abgesichert werden - im Volumen von bis zu 30 Milliarden Euro.

Der Anteil öffentlicher Geldgeber an dem neuen Griechenland-Paket summiert sich damit auf insgesamt 130 Milliarden Euro. Im Juli waren noch Hilfen der Euro-Länder und des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 109 Milliarden Euro vereinbart worden - bei einem Forderungsverzicht der Privatgläubiger von damals nur 21 Prozent statt der jetzt angestrebten 50 Prozent.

Damit die 70 größten europäischen Banken den Schuldenschnitt in Griechenland und eine Ausweitung der Krise verkraften, müssen sie nach dem Gipfel-Beschluss ihr Eigenkapital bis Mitte Juni 2012 um 107 oder 108 Milliarden Euro aufstocken. Der Kapitalbedarf für deutsche Institute beläuft sich auf „etwas mehr als fünf Milliarden Euro“.

Das zusätzliche Kapital sollen Banken zunächst über den Markt oder bei Eigentümern holen. Sollte dies nicht reichen, sind nationale Stützungsmaßnahmen geplant. Für den Fall soll in Deutschland der Soffin wiederbelebt werden. Erst im letzten Schritt sollen EFSF-Hilfen an ein Land zur Bankenstützung vergeben werden können.