„Her mit dem Pott“: Bayern beschwören Krönung gegen Dortmund

Barcelona (dpa) - Ein Bierchen im Final-T-Shirt „Wembley 2013“ gönnten sich die Super-Bayern - die überschäumende Schampus-Sause aber wird es nur mit dem Henkelpott geben.

Erst die Krönung zu Europas neuen Fußball-Königen im historischen ersten deutschen Champions-League-Endspiel gegen den Erzrivalen Borussia Dortmund könnte die Party-Bremse beim FC Bayern lösen. Nach der Wachablösung in Barcelona will der deutsche Fußball-Rekordmeister nun das ganz große Ding drehen.

„Jetzt muss natürlich auch der Pott her, ganz klar“, verkündete Kapitän Philipp Lahm. Müde oder gar verkatert sahen die Halbfinal-Helden nicht aus, als sie nach der Lehrstunde eines Champions beim 3:0 im Camp Nou am Donnerstag in den Flieger Richtung Heimat stiegen. Nach den bitteren Finalpleiten 2010 und 2012 will Lahm am 25. Mai im Londoner Wembleystadion beim dritten Anlauf endlich die wertvollste Vereinstrophäe entgegennehmen.

Und das in einem „Traumfinale“, wie Trainer Jupp Heynckes das deutsche Giganten-Treffen nach einer kurzen Nacht nannte. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel war hochzufrieden. „Ich freue mich. Denn eines ist sicher: Deutschland gewinnt“, schrieb die CDU-Vorsitzende auf ihrer Facebook-Seite.

„Ich möchte heute Abend gar keine Kampfansage losschicken Richtung Dortmund - dafür sind wir viel zu stilvoll“, verkündete Karl-Heinz Rummenigge Stunden zuvor in seiner Saalrede beim Mitternachtsbankett im Teamhotel. „Super Bayern, Super Bayern“, skandierten dort lautstark die rund 400 geladenen Edelfans, auch der sichtlich an seiner Steueraffäre leidende Präsident Uli Hoeneß nippte selig am Rotweinglas.

Dem „verschworenen Haufen“ um Lahm mit „unserem Freund Jupp“ Heynckes an der Spitze traut Vorstandschef Rummenigge sogar zu, die „ganz große Beckenbauer-Müller-Zeit“ aus den 70er-Jahren zu toppen - mit Triumphen über Dortmund und eine Woche später in Berlin gegen den VfB Stuttgart im Pokalfinale. „Diese Mannschaft kann die Geschichtsbücher des FC Bayern neu schreiben“, sagte Rummenigge mit Blick auf das mögliche Titel-Triple: „Ich bin überzeugt, wir packen das!“

Die Halbfinal-Fiesta gegen Barcelona war eine Ansage. „Wir haben insgesamt 7:0 gegen Barça gewonnen, das ist nicht so oft passiert im letzten Jahrhundert“, umriss Thomas Müller die historische Dimension. Arjen Robben (48.) Gerard Piqué (72./Eigentor) und Müller selbst (76.) ließen auf das 4:0 in München eine weitere 3:0-Demontage im Camp Nou folgen. „Man sieht unsere Entwicklung mit den Jahren. Wir können so eine Topmannschaft beherrschen“, erklärte Lahm stolz.

Die gedemütigten Barça-Stars erkannten die Übermacht der neuen Fußballmacht FC Bayern uneingeschränkt an. Auch das schmerzhafte Fehlen von Weltfußballer Lionel Messi mochte der spanische Welt- und Europameister Piqué nicht als Ausrede anführen: „Ohne Messi ist es nicht das Gleiche, aber auch mit ihm wäre das Ergebnis das gleiche gewesen.“ Sandro Rosell, Barcelonas Präsident, ernannte die Bayern zur „stärksten Mannschaft Europas“ und zum Endspiel-Favoriten. Heynckes warnte am Morgen danach: „In einem Champions-League-Finale gibt es keinen Favoriten.“

Zumal die Fallhöhe für die von Heynckes geformte Münchner Sieg-Maschine höher ist als für die gefährlichen Dortmunder Champions-League-Heroen. Keiner in München mag sich das Drama ausmalen, dass „man in vier Jahren dreimal im Finale steht und das Ding nicht gewinnt“, wie Müller sinnierte: „Jetzt wollen wir uns nicht aufhalten lassen. Man muss vor Dortmund Respekt haben, mehr aber auch nicht.“

„Macht weiter so“, ermunterte Rummenigge die „ganz großartige Mannschaft“ mit ihrem „ganz großartigen Trainer“. Heynckes hat den Bayern nach den Tiefschlägen des Vorjahres einen unwiderstehlichen „Hochgeschwindigkeitsfußball“ einverleibt, dessen Basis für Titel und Triumphe die aufopferungsvolle kollektive Abwehrarbeit ist. „Wir sind ein Team - von vorne bis hinten“, schwärmte der 67-Jährige.

Die Finaldesaster 2010 und besonders 2012 haben Kräfte und Energien freigesetzt. „Wie begossene Pudel“ habe man am 19. Mai 2012 nach dem verlorenen Elfmeterschießen im Finale dahoam gegen den FC Chelsea dagestanden, erinnerte Rummenigge nach dem Einzug in das insgesamt fünfte Königsklassen-Finale nochmals. Der Henkelpott geht auf jeden Fall zum dritten Mal nach Deutschland, nachdem 1997 Dortmund und 2001 die Bayern die Champions League gewonnen hatten.

„Für Deutschland ist es einfach schön. Zwei deutsche Mannschaften sind die Besten in Europa“, äußerte Nationalelf-Kapitän Lahm. Bundestrainer Joachim Löw sieht darin einen weiteren Beschleuniger für den positiven Trend. „Wir alle sind sehr glücklich mit dieser Konstellation, die den gesamten deutschen Fußball, aber auch jeden einzelnen Spieler in seiner Entwicklung weiter voranbringt“, so Löw.

Schon am Samstag kommt es in Dortmund in der Bundesliga zum Warmup der großen Rivalen für Wembley. „Ich glaube, das hat nicht so viel mit dem Finale zu tun“, meinte Robben zur brisanten Situation: „Es werden viele andere Spieler auf dem Platz stehen - und ich glaube, das ist auch gut so.“

Auch die Worte von BVB-Coach Jürgen Klopp weisen auf den geringen Wert des Bundesliga-Gipfeltreffens hin, das unter normalen Umständen die Massen schon wochenlang vorher elektrisiert. „Es ist ein Spiel gegen den designierten deutschen Meister. Es hat Bedeutung, aber es kommen noch Spiele, die größere Bedeutung haben“, sagte Klopp. Es sei angesichts der ganzen Konstellation für beide Trainer „kein Zuckerschlecken“, ihre Spieler auszuwählen und zu motivieren.

Daher gab es auch von Bayern-Boss Rummenigge für das Final-Vorspiel keinen Siegbefehl: „Wir sind schon deutscher Meister - mehr geht nicht!“